Paris - Der französische Premierminister Lionel Jospin hat erstmals seine "Verbindungen zu Trotzkisten" in den 60er Jahren öffentlich eingestanden. Jospin sagte am Dienstag in einer aktuellen Stunde der Pariser Nationalversammlung, für seine "Beziehungen zu einer trotzkistischen Organisation" müsse er sich "nicht rechtfertigen und nicht entschuldigen". Unter dem Titel "Das Geheimnis von Lionel Jospin" hatte die Tageszeitung "Le Monde" (Mittwochsausgabe) zuvor Einzelheiten zur trotzkistischen Vergangenheit des sozialistischen Premierministers veröffentlicht. Jospin war von dem liberalen Abgeordneten Francois Goulard auf diesen Artikel und andere Veröffentlichungen zu seinen trotzkistischen Überzeugungen angesprochen worden. In der Vergangenheit habe er über die Kontakte zu den Trotzkisten geschwiegen, weil er geglaubt habe, "dass das niemanden interessiert", sagte Jospin. "Le Monde" verwies jedoch darauf, Jospin schon 1995 danach befragt zu haben. Damals habe Jospin von einer angeblichen Verwechslung mit seinem Bruder Olivier gesprochen und erklärt, er sei "niemals Trotzkist" gewesen. Die Brisanz der Enthüllungen über Jospins trotzkistische Vergangenheit liegt darin, dass der heutige Premierminister 1971 der Sozialistischen Partei beitrat. Laut "Le Monde" bestanden die Kontakte zur trotzkistischen Internationalen Kommunistischen Organisation (OCI) dennoch bis in die 80er Jahre. Sollte Jospin in den 70er Jahren noch aktives OCI-Mitglied gewesen sein, setzt er sich dem Verdacht aus, an einer Unterwanderung der Sozialistischen Partei durch Trotzkisten beteiligt gewesen zu sein. (APA)