Wien - Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) will auch nach dem Verkauf von 49 Prozent der Kärntner Energieholding an den deutschen Atomstromkonzern RWE weiter an einer österreichischen Stromlösung arbeiten, "auch, wenn die Ereignisse in Kärnten uns in den letzten Tagen etwas irritiert haben". In der Aktuellen Stunde des Nationalrates betonte er am Mittwoch, die Verbundgesellschaft habe geglaubt, ihr Angebot für die Kelag-Anteile entspreche dem Verkäuferwillen. SPÖ, Grüne und - verhalten - auch die ÖVP kritisierten den Kärntner Stromdeal, die FPÖ verteidigte die Vorgangsweise. Bartenstein will eine Stärkung der österreichischen Wasserkraft. Im Zuge der Bemühungen um eine entsprechende österreichweite Gesellschaft seien Energieerzeuger eingeladen worden. Aber: "Man kann niemanden zwingen." Der Wirtschaftsminister kann sich auch die Gründung einer österreichischen Netzgesellschaft vorstellen. Dazu würde der Verbund seine entsprechenden Aktivitäten in eine Aktiengesellschaft einbringen. Dann würde an die Landesversorger und andere Netzbetreiber wiederum ein Angebot zur Beteiligung ergehen. Schüssel: "Verstehe manches nicht" Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) betonte zwar, dass der Kelag-Verkauf kein Thema des Nationalrates sei, von Bundesseite hätte auch nichts dagegen getan werden können. Aber: "Ich verstehe da auch manches nicht." Er wisse auch nicht, warum das Angebot des Verbundes für die Kelag-Anteile nicht angenommen worden sei. Schüssel erinnerte auch an die Verantwortung der Konsumenten, in einem offenen Strommarkt keinen Atomstrom zu kaufen. In Sachen Temelin bekannte sich der Kanzler zum Melker Prozess und zu einem "demokratischen Weg. Nicht der Weg der Blockaden, sondern der des Dialogs." Für die Grünen, die die Aktuelle Stunde beantragt hatten, ist der Kärntner Stromdeal "absolut katastrophal". Ein wesentlicher Teil der österreichischen Anti-Atompolitik sei "einfach versenkt" worden, so die Abgeordnete Eva Glawischnig. Sie erinnerte daran, dass der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) "vollmundigst" gegen Temelin aufgetreten sei und die Steirer für ihren Stromdeal mit der französischen EDF "gegeißelt" habe: "Zwei Monate später macht er genau das selbe." Für die Grünen gehe es jetzt darum, die österreichische Energiewirtschaft mittelfristig abzusichern: "Kärnten und Steiermark sind schon verloren. Aber das sollte nicht das Ende sein." SPÖ-Energiesprecher Georg Oberhaidinger erinnerte daran, dass Bartenstein bereits im Februar Gespräche über eine österreichische Energielösung angekündigt habe. Passiert sei bis heute aber nichts, durch das Nicht-Handeln der Bundesregierung sei "Kelag passiert". SPÖ-Umweltsprecherin Uli Sima übte scharfe Kritik an den Freiheitlichen. Sie selbst habe wenigstens kritische Worte zu ihren Kärntner Parteikollegen gefunden, die dem Kelag-Deal ebenfalls zugestimmt haben. Seitens der FPÖ werde Haider aber verteidigt. Für die Freiheitlichen wies Umweltsprecher Karl Schweitzer die Vorwürfe gegen die Kärntner Entscheidung, die einstimmig gefallen sei, zurück. Aus Sicht Kärntens hätte es keine bessere Entscheidung gegeben. RWE wolle in Kärnten ein Kompetenzzentrum für Wasserkraft und regenerative Energie einrichten, dies sichere Arbeitsplätze. Das Angebot des Verbundes für die Kelag sei nicht ausschreibungskonform gewesen, betonte er. Statt für 49 Prozent sei ein Anbot für 51 Prozent gelegt worden. Dazu komme, dass RWE mit der völlig neuen Technologie der "gasbetriebenen Brennstoffzelle mit angeschlossener Mikroturbine" aus dem Atomstrom aussteigen wolle. Der freiheitliche Abg. Gerhard Fallent ergänzte, dass im Gegensatz zu den Befürchtungen von SPÖ und Grünen keine Gefahr für die heimischen Wasserressourcen bestehe. (APA)