Dubai - Bei der iranischen Präsidentschaftswahl am kommenden Freitag gilt ein Sieg des reformorientierten Amtsinhabers Mohammad Khatami als sicher. Viele seiner damaligen WählerInnen vor vier Jahren haben aber mittlerweile die Hoffnung auf demokratische Veränderungen in ihrem Land aufgegen und scheinen sich damit abgefunden zu haben, dass es im Iran zwei Machtzentren gibt: Eine gewählte Regierung, die unter der Führung Khatamis reformorientiert agieren will und ein nichtgewählter konservativer Klerus, der sämtliche Grundzüge der Politik bestimmt. Klerus an der Macht Die religiöse Führung des Iran kontrolliert sowohl die Justiz, als auch die Streitkräfte und den Sicherheitsapparat. Das geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei gilt als Vertreter Gottes auf Erden. Er muss jede Entscheidung des Parlaments bestätigen und kann gegebenenfalls Beschlüsse von Präsident und Parlament überstimmen. Die Reformkräfte interpretieren jede Stimme für Khatami als Votum gegen die autoritäre Herrschaft des Klerus. "Die Wahl wird eine Antwort auf die reformfeindlichen Bemühungen der vergangenen vier Jahre sein", glaubt der führende Reformpolitiker Abbas Abdi. Das Vertrauen in Khatami sinkt Aber die Begeisterung für die von Khatami versprochenen Veränderungen ist in den vergangenen vier Jahren deutlich abgekühlt. Vor vier Jahren versprach Khatami einen Rechtsstaat, eine bürgerliche Gesellschaft mit einer verantwortlichen Regierung sowie größere politische und soziale Freiheit. Viele seiner Pläne scheitern an der Vormachtstellung des Klerus. Obwohl rund 70 Prozent der WählerInnen seine Ziele unterstützten, sah der Präsident in den vergangenen Jahren hilflos zu, wie der Klerus etwa 40 progressive Zeitungen und Zeitschriften verbot und zahlreiche JournalistInnen und KritikerInnen inhaftieren ließ. Selbst enge Mitarbeiter des Präsidenten wurden ihrer Ämter enthoben und landeten im Gefängnis. Der führende Reformpolitiker Said Hadjascharian wurde im vergangenen Jahr bei einem Anschlag schwer verletzt, der nach Ansicht vieler IranerInnen von der konservativen Geistlichkeit angeordnet wurde. Verbesserung für Frauen Die vielleicht einzige konkrete Errungenschaft Khatamis während seiner ersten Amtszeit ist eine vorsichtige Lockerung der islamischen Gesetze. Zwar sind Frauen noch immer Kopftücher und lange dunkle Gewänder vorgeschrieben, aber das Tragen von Makeup und modernen Frisuren hat sichtbar zugenommen. Auch das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist lockerer geworden, und junge Paare scheuen sich nicht mehr, in der Öffentlichkeit Hand in Hand zu gehen. Trotz dieser Entwicklung glauben viele IranerInnen, dass sich Khatami den Konservativen nicht entschlossen genug entgegengestellt hat. Der Präsident rief in seiner bisherigen Amtszeit mehrmals dazu auf, nicht für demokratische Veränderungen zu demonstrieren. Reformen sollten nach seiner Ansicht Schritt für Schritt eingeführt werden. Manche ReformerInnen haben die Hoffnung auf Veränderungen jedoch nicht ganz aufgegeben. Sie glauben, der Präsident werde seine zweite und letzte Amtszeit mit neuer Entschlossenheit angehen. "Khatami wird während seiner zweiten Präsidentschaft sicher viel stärker sein als während der ersten, weil er nichts mehr zu verlieren hat", glaubt der Journalist Said Lajlas. "Außerdem hat er während der vergangenen vier Jahre Erfahrungen gesammelt." (AP/red)