Hongkong/Sydney - Wissenschafter in den USA, Australien und Großbritannien haben die Leichen Tausender totgeborener Kinder ohne das Wissen der Eltern für die Atomforschung benutzt. Wie die australische Atom- und Strahlenschutzbehörde (ARPANSA) am Mittwoch bestätigte, fanden die Studien in Australien zwischen 1957 und 1978 statt. Es sei darum gegangen, die radioaktive Substanz Strontium-90 in menschlichen Knochen nachzuweisen, sagte der Chef der Atombehörde John Loy. Knochenproben verwendet Dazu seien unter anderem auch Knochenproben von Babys verwendet worden. Die britische Zeitung "Observer" hatte berichtet, dass seit den fünfziger Jahren rund 6.000 Babyleichen aus Krankenhäusern in Australien, Hongkong, Großbritannien, Kanada und Südamerika zu Forschungszwecken in die USA gebracht worden seien. Auswirkungen von Atombombentests erforschen Der "Observer" stützt sich auf Berichte des US-Energieministeriums und bisher geheim gehaltene britische Dokumente. Demnach begannen die Versuche im Auftrag des US-Energieministeriums vermutlich 1955 auf Initiative des Wissenschafters Willard Libby an der Universität Chicago. Libby wollte an einer großen Zahl von Leichen - vorzugsweise Totgeburten - die Auswirkungen von Atombombentests erforschen. Larry Arbeiter von der Universität Chicago sagte, die Experimente seien wegen der großen Menge radioaktiven Materials, das durch Atombombentests während des Kalten Krieges in die Atmosphäre gelangte, notwendig gewesen. Dem "Observer" zufolge leitete der ehemalige US-Präsident Bill Clinton eine Untersuchung zu den Experimenten ein. Projekt Sunshine Laut "Observer" arbeiteten die Briten bei dem Projekt mit dem Decknamen "Project Sunshine" mit US-Laboren zusammen. Die Forscher hätten betrügerische Methoden angewandt, um über Vermittler an die Babyleichen heranzukommen. Wie die Zeitung weiter berichtete, lieferte Großbritannien nicht nur Babyleichen in die USA. Auch britische Wissenschafter des Forschungszentrums der Regierung in Harwell hätten selbst mit Babyleichen experimentiert. London hatte bisher jegliches Engagement in diesem Bereich dementiert. Die Gesundheitsbehörde in Hongkong und Canberra wollten die Vorwürfe prüfen. Eine US-Universität bestätigte unterdessen, dass totgeborene Kinder aus Australien in die USA geschickt wurden. Der Chef der australischen Atombehörde räumte lediglich ein, es seien Ascheproben in die USA und nach Großbritannien geschickt worden, um den Strontium-90-Gehalt festzustellen. (APA)