Großbritannien
Krawalle von Leeds lassen Blairs Vorsprung schmelzen
Vorwurf eines "geplanten Angriffs" der Polizei bringen Premier dennoch nicht in Bedrängnis
Leeds/London - Jugendliche und die Polizei haben sich im nordenglischen Leeds in der Nacht zum Mittwoch
mehrere Stunden lang Straßenschlachten geliefert. Bei den Zusammenstößen zwischen der Polizei und den rund 300 Jugendlichen wurden
zwei Polizisten verletzt. Vier Demonstranten wurden festgenommen. Bei den siebenstündigen Krawallen in der Nacht zum Mittwoch wurden
nach Angaben der Polizei weiters 25 Fahrzeuge in Brand gesteckt. Geschäfte und Häuser wurden beschädigt. "Die Vorgänge waren nichts
anderes als kriminell", sagte Polizeichef Graham Moore. Einsatz von Reizgas
Die Polizei sei wegen eines angeblichen Brandbomben-Anschlags in ein von Briten und Einwanderern aus Asien bewohntes Viertel gerufen worden, teilte
Moore mit. Dies sei jedoch nur der Vorwand für einen "geplanten Angriff" auf die Sicherheitskräfte gewesen. Die Beamten der
Bereitschaftspolizei seien mit Steinen, Holzfässern und Flaschen beworfen worden. Bewohner des Viertels Harehills sagten jedoch, die
Krawalle seien durch die "gewaltsame Festnahme" eines asiatischen Mannes zwei Tage zuvor ausgelöst worden. Dabei wurde ihren
Darstellungen zufolge CS-Reizgas eingesetzt.
Inzwischen habe sich die Lage beruhigt, teilte die Polizei mit. Bereits vor gut einer Woche war es im nahen Oldham zu Auseinandersetzungen
zwischen meist Jugendlichen und der Polizei gekommen. Augenzeugen berichteten, sie seien überzeugt, an den Unruhen in Leeds
seien auch Jugendliche beteiligt gewesen, die bereits im nur 65 Kilometer entfernten Oldham randaliert hätten. Dort hatten sich Jugendliche
und Polizisten drei Nächte lang Straßenschlachten geliefert. Zuvor waren Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der rechtsextremen "National Front" und den Kindern von Einwanderern aus dem asiatischen Raum ausgebrochen.
Vorsprung Blairs geschmolzen
Die Krawalle in Oldham waren die schwersten Unruhen mit ethnischem Hintergrund seit einem Jahrzehnt und machten die Einwanderungsproblematik
zu einem wichtigen Thema der am morgigen Donnerstag stattfindenden Wahlen. Jüngsten Umfragen zufolge verringerte sich der Vorsprung
der regierenden Labour-Partei von Premierminister Tony Blair vor den oppositionellen Konservativen.
Eine ICM-Umfrage im Auftrag der Tageszeitung "Guardian" zeigte einen Rückgang von Blairs Vorsprung um vier auf elf Prozentpunkte - dem
niedrigsten Stand seit Monaten. Der Umfrage zufolge erringt Blair 43 Prozent der Stimmen, die Konservativen mit ihrem Spitzenkandidaten
William Hague kommen auf 32 und die Liberaldemokraten auf 19 Prozent. Labour ist jedenfalls ein großer Sieg sicher. (APA/Reuters/dpa)