Klosterneuburg/Wien - Nur schwer verständlich sind für Ernst Sucharipa, der als Sonderbotschafter die Restitutionseinigung mit Opfern und der US-Regierung ausverhandelt hat, die jüngsten Forderungen von Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), in der Entschädigungsfrage. Vor allem die von Muzicant gemachte Verknüpfung des Restitutions- und des Zwangsarbeiterkomplexes sei "nicht nachvollziehbar", so der Diplomat, dem Kanzler Wolfgang Schüssel (V) neben anderen am Mittwochabend in Klosterneuburg das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen hat. Sucharipa betonte, gerade im Fall Österreich seien der Zwangsarbeiter- und der Restitutionskomplex hinsichtlich der Betroffenen klar zu trennen. Insgesamt habe man jetzt jedenfalls in beiden Bereichen einen Punkt erreicht, wo es zu einer raschen Umsetzung kommen sollte. Aus seiner Sicht sollte der Zwangsarbeiterteil bei den noch offenen Klagen abgetrennt und rasch niedergeschlagen werden. Gleichzeitig sollte ein Zeitpunkt für die Erledigung der Restitutionsklagen absehbar sein. Vorgezogene Sozialleistungen standen nie zur Diskussion Zur Forderung Muzicants, die im Restitutionspaket vereinbarten Sozialleistungen vorzuziehen, also schon vor Bestehen der Rechtssicherheit auszuzahlen, meinte er, dies sei während der Verhandlungen nie zur Diskussion gestanden. Aus österreichischer Sicht handle es sich auch nicht um Leistungen, die den Betroffenen ohnehin zustünden, vielmehr gehe es um "echte Maßnahmen, die über die Norm hinaus gehen". In anderen Ländern etwa werde nur dann in vergleichbaren Fällen Pflegegeld gezahlt, wenn der Bedarf kausal auf die Verfolgung in der NS-Zeit zurück zu führen sei. Diesen Zusammenhang fordere Österreich nicht. Ebenso sei die vorgesehene Möglichkeit zum erleichterten Pensionsnachkauf "tatsächlich eine zusätzliche Leistung". Auszahlung im Wohnungsbereich bereits begonnen Ein Abkoppeln von der Rechtssicherheit sei nur im Wohnungsbereich diskutiert - und tatsächlich durchgeführt - worden. In diesem Bereich sei tatsächlich nie etwas geschehen, deshalb sei mit der Auszahlung von je 7.000 Dollar auch schon begonnen worden. Seitens der IKG sei während der Verhandlungen, die Mitte Jänner abgeschlossen wurden, auch nie die Forderung nach einer speziellen Behandlung laut geworden, so der Sonderbotschafter. Es sei immer klar gewesen, dass auch derartige Ansprüche aus dem Gesamttopf befriedigt werden sollen. Nur parafiert, aber nicht unterschrieben Sucharipa bekräftigte auch den - auf US-Verhandler Stuart Eizenstat gestützten - Standpunkt der österreichischen Regierung, dass Muzicant dem Abkommen im Jänner sehr wohl zugestimmt habe. Der IKG-Präsident betonte wiederholt, er habe nur parafiert, aber nicht unterschrieben. Zu der offenen Klage von US-Anwalt Jay R. Fialkoff wies Sucharipa darauf hin, dass diese Klage eingebracht worden sei, als die Verhandlungen schon gelaufen sind. Es handle sich dabei um Individualansprüche, die "ganz sicher" von dem Abkommen gedeckt seien - nun werde damit das Anlaufen der Entschädigungen zu verhindern versucht. Erbloses Vermögen: 'Da sollte nichts mehr übrig sein' In Sachen erbloses Vermögen bekräftigte der Sonderbotschafter, "nach unserer Auffassung sollte da nichts mehr übrig sein". Es habe die Rückstellungsgesetze und es habe die Verfahren vor den Sammelstellen gegeben. Wenn doch Vermögen auftauche, habe das laut Entschädigungsfondsgesetz zu bestellende Gremium darüber zu entscheiden - "in aller Regel" werde dann wohl die IKG anspruchsberechtigt sein. Und zum IKG-Vorwurf, der Bund habe nichts zur Erhaltung jüdischer Friedhöfe beigetragen, verwies er darauf, dass dies Gemeindesache sei - und die hätten sehr wohl Geld dafür gegeben. (APA)