International
US-Raketenabwehr: NATO-Partner bleiben skeptisch
Verteidigungsminister Rumsfeld konnte in Brüssel wenig begeistern
Brüssel - Die Partner der USA in der NATO bleiben weiterhin skeptisch gegenüber den neuen US-Rüstungsplänen. Sie wollen
diplomatische Mittel in eine Strategie gegen neue Bedrohungen der Sicherheit einbeziehen. Das wurde bei der Sitzung des Nordatlantikrats
deutlich, bei der am Donnerstag in Brüssel US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld seinen 18 NATO-Kollegen die Pläne Washingtons für
ein Raketenabwehrsystem erläuterte.
Der deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping sagte, es mache keinen Sinn, die Diskussion jetzt auf technische Systeme zu
konzentrieren, während der politische Zusammenhang einer Reaktion auf neue Bedrohungen noch unklar sei. Die Zeit der Konsultationen mit
Washington müsse genutzt werden, um zu mehr Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu
kommen.
Für den französischen Verteidigungsminister Alain Richard müssen Abschreckung, Verteidigung, Rüstungskontrolle und der politische Dialog
zur Reaktion auf neue Bedrohungen gehören. Die von Washington vorgeschlagene Raketenabwehr sei nicht die einzige Antwort. Diese
Auffassung wurde nach Angaben von NATO-Beamten von anderen Mitgliedsstaaten geteilt. Richard verwies auf Nordkorea und Iran, die
von den USA als Risiko-Staaten betrachtet würden. Doch in beiden Staaten gebe es einen Prozess des Wandels, sagte er.
Rumsfeld sagte, noch sei nicht abzusehen, von wem neue Bedrohungen ausgehen könnten. Aber der derzeitige Mangel an
Abwehrmöglichkeiten gegen ballistische Raketen stelle einen Anreiz dar, derartige Systeme zu verbreiten. In Kombination mit nuklearen,
chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen erhielten potenzielle Gegner so die Möglichkeit, "unsere Bevölkerung als Geisel für
Terror und Erpressung zu nehmen", so Rumsfeld laut Redetext. Er kündigte an, man werde gemeinsam Systeme entwickeln und aufstellen,
"um die USA und unsere außerhalb stationierten Truppen zu schützen". Diese gestaffelten Systeme sollten Schutz bieten vor einer eher
kleineren Zahl von Raketen unterschiedlicher Reichweite in verschiedenen Flugphasen, erläuterte Rumsfeld.
Bei der Entwicklung der neuen Raketenabwehr würden unterschiedliche US-Technologien und Vorgehensweisen getestet. Den
ABM-Abrüstungsvertrag von 1972 wolle Washington dabei außer Acht lassen. "Um eine Raketenabwehr aufzubauen, die geeignet ist, die
USA, ihre Freunde und Verbündete zu schützen, müssen wir über den Vertrag hinaus gehen", sagte Rumsfeld. Er verstehe, dass nicht jeder
diese Position begrüße, doch sei sie unausweichlich. "Der Vertrag steht einer dem 21. Jahrhundert angemessenen Abschreckung im Weg",
betonte der US-Minister.(APA/dpa)