Monika, eine dot.com-Millionärin, die 34-jährig ihre Firma verkauft hatte, "weil Arbeit nicht alles im Leben sein kann", ist zum Abspecken hier. Veronika, eine durchtrainierte Schauspielerin, will etwas für die Harmonisierung von Körper und Seele tun. Sie ist heuer schon zum zweiten Mal da. Und der ältere indische Arzt, der Abend für Abend vor einer bescheidenen Schüssel Safranreis sitzt, hält eigentlich nichts von der indischen Heilkunst Ayurveda ("Wissen vom Leben"). Er ist nur seiner deutschen Frau zuliebe mitgekommen.
Alle körperlichen und seelisch-geistigen Funktionen werden im Ayurveda von drei unsichtbaren Lebensenergien gesteuert, den so genannten "Doshas": Vata, Pitta und Kapha. Geraten sie außer Balance, entstehen schädliche Ablagerungen von Giftstoffen und Schlacken. Mit den Therapien und Kuren - es gibt über 30 Therapieformen - sollen diese Schadstoffe ausgeschieden, und der Ausgleich der Doshas wiederhergestellt werden. Die Behandlungen werden je nach Konstitutionstyp zusammengestellt. Die Palette reicht von Ölgüssen über ein- bis achthändige Massagen mit ätherischen Ölen und Heilkräutern, Wärme, Bäder, Entgiftung des Körpers bis zur Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte durch spezielle vegetarische Diäten. Meditation und Yoga schaffen zusätzlich Entspannung, klären den Geist und bringen die Seele wieder in Schwung.
"Ihr Fett schmelzen wir Ihnen weg", hat der behandelnde Medical Officer Monika versprochen. Wie? "Mit medical Powder-Massagen". Die in dunkelblaue Saris gehüllten Therapeutinnen erwärmen eine zu Pulver gemahlene Kräutermischung über einer Gasflamme, bis sie pappartige Konsistenz hat. Dann geht die schweißtreibende Arbeit los: Synchron knetend, drückend, reibend und zerrend nehmen vier Hände das gut gepolsterte Gewebe in Angriff. Eine halbe Stunde dauert das rhythmische Zusammenspiel. Es folgen Streicheleinheiten. Die Patientin wird vom Scheitel bis zu den Sohlen eingeölt und mit den Händen massiert. Nach einer weiteren halben Stunde geht's ab auf die Plastikmatte am Boden. Von der Decke der aus getrockneten Palmenblättern geflochtenen Hütte baumelt ein Strick. Die Therapeutin ergreift ihn, um ihr Körpergewicht zu reduzieren, das nun durch Massage mit Füßen auf dem Ayurveda-Gast lastet. Den Abschluss der Therapieeinheit bildet eine Schlammpackung, mit der es abgeht in den Dampfkasten. Als Monika wieder saubergerubbelt ist, hüllt die Therapeutin sie in den grünen Baumwollkittel und gibt ihr eine "tender coconut" mit auf den Weg.
Johanna Zugmann