Hermel - Im Libanon wird wieder Cannabis angebaut.
Acht Jahre, nachdem die Regierung unter dem Druck der
internationalen Gemeinschaft die Hanffelder fast völlig ausradiert
hat, sehen viele arme Bauern ihre einzige Überlebenschance in der
Rückkehr zur Haschisch- und Marihuanaproduktion.
Dies gilt vor allem für die ländliche Bevölkerung im Bekaa-Tal,
wo Hanf seit Jahrhunderten zur Tradition gehört und im 15-jährigen
libanesischen Bürgerkrieg nach 1975 zur Haupteinnahmequelle wurde.
Mitte der 1980er Jahre wuchs illegaler Cannabis hier auf 60.000
Hektar, und Libanon stand auf einem der Spitzenplätze der US-
amerikanischen Liste drogenproduzierender Länder.
1992 aber änderte sich dies, als die Regierung versuchte, alle
nur erdenklichen Arten legaler landwirtschaftlicher Produkte
einzuführen, ist damit aber gescheitert. 25.000 Familien blieben
ohne Einkommen, und eine der ärmsten Regionen des
vorderasiatischen Landes musste jedes Jahr auf 500 Millionen US-
Dollar verzichten.
Zu wenig Unterstützung
Nasser Ferjani, Chef des UN-Programms für Integrative Ländliche
Entwicklung in Baalbeck-Hermel im nördlichen Bekaa-Tal, macht
dafür mangelnde Unterstützung der Geber verantwortlich. Sie seien
zusammen mit dem Hanf verschwunden und hätten den mit 30
Milliarden Dollar verschuldeten Staat allein gelassen. "Wir haben
nicht mehr als sechs Prozent der Gelder bekommen, die wir für die
Entwicklung der Region gebraucht hätten", beklagt er.
Dies liege vor allem an wenig differenzierten
Entwicklungshilfekriterien. Libanon habe ein Pro-Kopf-Einkommen
von 4.500 Dollar und deshalb kein Anrecht auf Unterstützung.
Allerdings, so der UN-Mitarbeiter weiter, verfügten die kleinen
Bauern aus dem Bekaa-Tal im Schnitt über nicht mehr als 400 Dollar
im Jahr. Sie wären also Kandidaten für Hilfe von außen, aber
solche regionalen Unterschiede würden von den Gebern nicht
berücksichtigt.
"Schon als wir hier 1994 angefangen haben, habe ich davor
gewarnt, dass der Hanfanbau wieder kommen wird, wenn die Bauern
keine Hilfe bekommen", erinnert sich Ferjani. Wie Recht er
behalten sollte, zeigt die Tatsache, dass im Bekaa-Tal in diesem
Jahr auf etwa 15.000 Hektar Cannabis wächst. Die meisten Bauern
hatten zuvor Kartoffeln angebaut. Sie bringen pro Kilogramm 20 US-
Cent, der indische Hanf aber an die 300 Dollar.
Safran, Pistazien und Kapern als Alternative?
Als rettend könnte sich in dieser verfahrenen Situation eine
Idee des Agrarwissenschaftlers Hassan Mahklouf erweisen. Im
Auftrag der Regierung in Beirut, die ihn aus einem zwölfjährigen
Parisaufenthalt wieder in die Heimat holte, hat er 1999 ein
Projekt gestartet, das auf den alternativen Anbau von Safran,
Pistazien und Kapern setzt, weil sie noch höhere Preise als
Cannabis erzielen.
Eine Investition von zehn Millionen Dollar in das Bekaa-Tal
würde jährliche Einnahmen von 200 Millionen Dollar generieren,
erläutert der Experte. Bislang hat er 700 Bauern für sein Projekt
begeistern können. "Ist das Angebot groß, bringt ein Hektar
Cannabis 2.000 bis 3.000 Dollar." Safran aber werde in Gold
aufgewogen. Ein Hektar liefert zwar nicht mehr ein Kilogramm, das
aber lässt sich für zwischen 4.000 und 8.000 Dollar verkaufen.
Warum die libanesische Regierung ihn bis heute nicht fest
angestellt hat, ist Mahklouf ein Rätsel. Das wäre die
Voraussetzungen für offizielle Verhandlungen mit potenziellen
Gebern und könnte der illegalen Drogenproduktion auf sehr elegante
Weise den Todesstoß versetzen. (IPS)