Lusaka - Als ihr Mann arbeitslos wurde und von der bankrotten Versicherungsfirma, für die er in Lusaka zehn Jahre lang gearbeitet hatte, keinerlei Entschädigung zu erwarten war, wusste Ruth Banda zunächst nicht, wovon ihre sechsköpfige Familie leben sollte. Sie selbst hatte keinen bezahlten Job. Dann starb ihr Mann, und die 30-jährige Witwe zog mit ihren vier Kindern und ihrem jüngeren Bruder in eines der Slumviertel der sambischen Hauptstadt. Weil kein Geld im Haus war, konnten ihre Kinder nicht länger zur Schule gehen. Sie lungerten auf der Straße herum und bettelten auch schon mal. Wie Ruth Banda geht es vielen Frauen in Sambia. Rund 70 Prozent der zehn Millionen Einwohner des afrikanischen Landes leben nach Angaben des Statistischen Amtes (CSO) in bitterer Armut. Frauen sind besonders betroffen. Ihre Männer sind arbeitslos, und ihre häufig mangelhafte Schulbildung und fehlende Qualifikation verstellen ihnen den Weg zu einer bezahlten Arbeit. Zugleich müssen immer mehr allein für die Familie sorgen. Gerade für Frauen wie Ruth Banda wurde 1991 das vom Welternährungsprogramm (WFP) finanzierte Projekt PUSH (Programm für Selbsthilfe in den Städten) entwickelt. 80 Prozent derjenigen, die an diesem Förderprogramm teilnehmen, sind Frauen. Es bietet ihnen eine Chance, den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu verdienen. Vor zehn Jahren hatte Sambias Regierung damit begonnen hat, ihr Strukturanpassungsprogramm durchzuziehen. Immer mehr Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Viele Tausende Arbeitslose ließen sich mit ihren Familien in illegal hochgezogenen, provisorischen Siedlungen nieder. Hier gibt es weder ordentliche Straßen noch Trinkwasserbrunnen oder sanitäre Einrichtungen. Mit Hilfe von PUSH sollte sich das ändern. Zunächst bot das Selbsthilfeprogramm den Bewohnern der Behelfssiedlungen Arbeit gegen Lebensmittel an. Es galt, Straßen, Brunnen und Latrinen zu bauen, um die eigene Wohnsituation zu verbessern. Heute erhält jeder, der sich an dem Projekt beteiligt, zunächst ohne Gegenleistung in einem dreimonatigen Kurs die erforderliche handwerkliche Grundausbildung. Auch Basiskenntnisse in Marktforschung und Betriebswirtschaft werden angeboten. Lebensmittel als Lohn Das Erlernte wird ein halbes Jahr lang bei Bauarbeiten in der eigenen Wohnsiedlung praktiziert. Als Lohn erhalten die Teilnehmer Lebensmittel für sich und ihre Familien. Nach ihrer neunmonatigen Ausbildung müssen sich die Frauen auf eigene Füße stellen. Sie bemühen sich um einen bezahlten Job oder etablieren selbst ein Kleinunternehmen, während PUSH die nächste Gruppe ausbildet. "Bei Baufirmen sind die von uns ausgebildeten Arbeitskräfte geschätzt. Die Frauen arbeiten gern als Team und verdienen gut", erklärt Mwape Lubilo. Sie koordiniert PUSH auf Landesebene. In einem Gespräch mit IPS stimmt die Arbeiterin Jenala Mwansa der Programm-Managerin zu. Gemeinsam mit vier Freundinnen legt sie in ihrer Siedlung Latrinen an. "Mit dem, was ich verdiene, kann ich das Schulgeld für meine Kinder und die Wohnungsmiete bezahlen", berichtet die Witwe voller Stolz. Der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) verweist in seinem jüngsten Jahresbericht ('Armut auf dem Land 2001') mit Nachdruck auf die Bedeutung nationaler und internationaler Strategien, die sich gegen die Diskriminierung von Frauen wendet und den Armen zu mehr Eigenverantwortlichkeit verhilft. Das Selbsthilfeprojekt PUSH, das mittlerweile in neun Distrikten erfolgreich arbeitet und bislang 30.000 Frauen geholfen hat, findet denn auch beim IFAD höchste Anerkennung. Gegenüber IPS erklärte die sambische IFAD-Koordinatorin Robinah Mulenga, PUSH trage dazu bei, dass die Regierung ihr Ziel erreichen kann, die Armut von in städtischer Umgebung lebenden Frauen bis zum Jahr 2015 um 50 Prozent abzubauen. Einstieg ins Geldgeschäft Auch die gesundheitliche Lage der Slumbewohner werde verbessert, so Mulenga. Die Menschen lernten Brunnen zu bauen, die sauberes Trinkwasser liefern und reduzierten damit die Gefahr, dass sich Krankheiten wie Diarrhö und Cholera ausbreiten. Inzwischen ist bei PUSH auch den Einstieg ins Geldgeschäft geplant. Man bemüht sich um die Zusammenarbeit mit Kreditinstituten, die den Frauen mit bezahlbaren Kleinkrediten bei der Geschäftsgründung behilflich sind. Mit ihrer durch das Selbsthilfeprogramm PUSH neu gewonnenen wirtschaftlichen Unabhängigkeit hat sich für Ruth Banda ein Traum erfüllt: "Ich war viel zu arm, um das Schulgeld für meine Kinder aufzubringen. Jetzt können alle vier wieder zur Schule gehen."(IPS)