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Bonn/Berlin - Immer und immer wieder sagt Otmar Wiestler die beiden Sätze: "Bei den Zellen handelt es sich nicht um Embryos. Daraus kann man keinen Menschen mehr machen." Der Wissenschafter an der Universität Bonn kann die Aufregung über sein Forschungsprojekt nicht verstehen. Seit vergangene Woche der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement den Wunsch der Bonner Universität nach Einfuhr embryonaler Stammzellen aus Israel zu Forschungszecken unterstützt hat, steht das Telefon nicht mehr still. Die Wissenschafter und Clement wollen eine Gesetzeslücke nutzen, wonach der Import von embryonalen Stammzellen ebenso wie die Forschung möglich ist. Die Zellen sollen von der Technischen Hochschule im israelischen Haifa kommen. Das Angebot einer US-Firma lehnten die Bonner Forscher wegen der geforderten Mitspracherechte ab. "Wir sind so weit, dass wir die im Tierversuch gewonnenen Erkenntnisse mit menschlichen Zellen weiterentwickeln müssen", erläutert der Neuropathologe. Wiestler und sein Partner Oliver Brüstle wollen embryonale Stammzellen dazu bringen, sich im Labor zu Nervenzellen zu spezialisieren, um an ihnen Krankheiten wie Multiple Sklerose und Parkinson zu untersuchen. Langfristig hoffen sie, Zellersatz für Transplantationen zur Heilung verschiedener Krankheiten des Nervensystems zu entwickeln. Sie setzen ihre Hoffnungen auf die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die am 3. Juli verkünden will, ob sie den Importantrag unterstützt. Für die Menschheit stehe viel auf dem Spiel, so Wiestler: "Derzeit haben wir ein halbes Jahr Forschungsvorsprung." (DER STANDARD, Print-Ausgabe 8. 6. 2001)