Kathmandu - Ein Überlebender hat am Donnerstag das Massaker im nepalesischen Königspalast geschildert, bei dem am vergangenen Wochenende fast die gesamte Königsfamilie getötet worden war. Es sei Kronprinz Dipendra gewesen, der seine Eltern und sieben weitere Familienmitglieder erschossen habe, bestätigte Rajiv Rai Shahi, der Schwiegersohn des getöteten Königsbruders Dhirendra.Dipendra war mit M-16-Sturmgewehr erschienen "Ich weiß nicht, was sein Motiv war, aber er war einfach ein Mörder", sagte er über den Kronprinz, der zwei Tage nach der Tragödie seinen Schussverletzungen erlegen war. Shahis Worten zufolge war Dipendra am Mordabend "schwer betrunken" - so sehr, dass er öfters umgefallen sei. Er sei in Kampfuniform und mit einem M-16-Sturmgewehr in der Hand bei dem Familientreffen erschienen. Die gesamte Schießerei habe nur ein bis zwei Minuten gedauert. Dann habe der Prinz die Waffe gegen sich selbst gerichtet. Das Massaker hatte in Nepal schwere Unruhen ausgelöst. Zahlreiche Demonstranten forderten Aufklärung über die Hintergründe. Wie berichtet, war offiziell von einem Unfall die Rede, inoffiziell munkelte man jedoch über ein Massaker. Viele mochten aber nicht glauben, dass Dipendra seine Angehörigen umgebracht haben könnte. Neuer König wurde Bruder des bisherigen Regenten Zum neuen König wurde der Bruder des bisherigen Regenten, Gyanendra, gekrönt. Dieser stattete die bereits am Montag ernannte Untersuchungskommission nun mit weit reichenden Kompetenzen aus. So soll es den Mitgliedern unter anderem erlaubt sein, mit den Überlebenden der Familientragödie zu sprechen, die Räumlichkeiten im Königspalast zu inspizieren, ballistische Tests zu unternehmen sowie Angestellte des Palasts zu befragen. Außerdem könnten weitere Spezialisten zu den Untersuchungen hinzugezogen werden, hieß es. (DER STANDARD Print-Ausgabe 8.Juni 2001)