Ikeda/Tokio - Der Amoklauf eines geistig kranken Mannes in einer Grundschule hat in Japan eine Debatte über den Umgang mit psychisch kranken Straftätern ausgelöst. Die Regierung wolle Gesetzeslücken schließen, um weitere Straftaten freigelassener psychisch Kranker zu verhindern, kündigte Regierungschef Junichiro Koizumi am Samstag im Fernsehen an. Auch die Wirtschaftszeitung "Keizai Shimbun" verlangte einen besseren Schutz der Gesellschaft. Unter anderem müsse die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und medizinischen Einrichtungen verbessert werden. Am Samstag wurde in Ogori auf der südjapanischen Insel Kyushu ein Elfjähriger von einem gleichaltrigen Mitschüler niedergestochen. Bei der Bluttat am Freitag hatte ein geistig gestörter Mann acht Kinder durch Messerstiche getötet. Auch die einflussreiche Tageszeitung "Asahi Shimbun" forderte Maßnahmen zum Schutz vor geistig unzurechnungsfähigen Straftätern. Die konservative Zeitung "Sankei Shimbun" schrieb, die Regierung wolle die derzeitige Rechtslage überdenken, nach der geistig kranke Menschen, die Kapitalverbrechen begangen haben, nicht in den normalen Strafvollzug kommen. Ein Polizeivertreter in Osaka sagte, die Beamten versuchten herauszufinden, ob der 37-jährige Mamoru Takuma für den Amoklauf verantwortlich gemacht werden könne. Sollte er für zurechnungsfähig erklärt werden, würde ihm die Verurteilung zum Tode drohen. Takuma hatte am Freitag in einem Vorort der Stadt Osaka acht Schüler im Alter von sechs bis acht Jahren erstochen. Er war bereits vor zwei Jahren festgenommen worden. Damals hatte er in einer anderen Grundschule, in der er als Hausmeister arbeitete, Lehrern Schlafmittel in den Tee gemischt, um sie zu vergiften. Er gestand die Tat, wurde jedoch wegen seines Geisteszustandes freigelassen. 15 Opfer der Bluttat waren am Samstag noch im Krankenhaus, 13 Kinder und zwei Erwachsene. Ärzte bezeichneten den Zustand der Verletzten als "stabil". Der Täter, der seit Jahren massiv unter psychischem Problemen leidet, stand unter Medikamenteneinfluss. Unklar war zunächst, ob die Messerstecherei am Samstag vom Amoklauf in Ikeda beeinflusst wurde. Der Mitschüler stach mehrere Male auf den Elfjährigen ein. Zunächst hatte die Polizei mittgeteilt, es handele sich um eine zwölf Jahre alten Jungen, der von einem etwa 40-jährigen Erwachsenen niedergestochen worden sei. Der Elfjährige überlebte die Tat schwer verletzt. (APA)