"Solidarität als integratives Element ist das Fundament eines künftigen Europas", erklärte Österreichs Bundespräsident Thomas Klestil beim Treffen von 14 europäischen Staatschefs am Freitag am italienischen Lago Maggiore. Klestil setzte sich in seiner Rede vor den Präsidenten vor allem für eine künftige Direktwahl des EU-Ratspräsidenten ein, allerdings erst nach einer Neufestlegung seiner Kompetenzen. Durch den verstärkten Einsatz von Referenden und Wahlen solle das Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl der Europäer für ihre Union ausgebaut, der Bürger stärker eingebunden werden, meinte der Bundespräsident und spielte darauf an, dass in den Staaten, die nach der Osterweiterung zur EU gehören sollen, die Zivilgesellschaft noch nicht stark genug ausgebildet sei. Die gemeinsamen europäischen Werte wie Demokratie und Freiheit, die zentrales Thema des Gipfeltreffens der vierzehn Staatschefs sind, müssten stärker vermittelt werden. Faktor Kultur Das italienische Staatsoberhaupt Carlo Azeglio Ciampi betonte die gemeinsame europäische Kultur "als Faktor, der unter Wahrung der Eigenheit der einzelnen Nationen das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Zivilisation erhöht". Unter den Staatschefs, die in der malerischen Ortschaft Verbania am Lago Maggiore - mit Bedacht findet dieses traditionelle Treffen nicht in diversen Hauptstädten statt - zu dem zweitägigen Treffen zusammenkamen, befanden sich erstmals der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica und der moldawische Staatschef Vladimir Voronin. Weitere Gäste waren Tschechiens Václav Havel, das deutsche Staatsoberhaupt Johannes Rau und die Präsidenten der EU-Beitrittskandidaten. Harmonie wurde von den Staatschefs geradezu augenscheinlich demonstriert, man setze auf Initialkraft des Treffens, wurde verlautbart. Der Gipfel geht auf eine Initiative von Thomas Klestil zurück, der die Präsidenten von Deutschland, Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei im Jahr 1993 nach Salzburg einlud. Seit damals hat sich der Kreis der Staatsoberhäupter ständig erweitert, was Klestil sichtlich mit Stolz erfüllte. Von polnischen Diplomaten war hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass sie diese Art von Treffen "allen möglichen Treffen zur regionalen Zusammenarbeit vorziehen". Die Beispielswirkung der versammelten Präsidenten und der freundschaftliche Rahmen der Begegnung seien daheim "nicht mit Gold aufzuwiegen" - eine Spitze gegen die dieswöchige Wiener Konferenz zur "regionalen Partnerschaft" unter der Ägide von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner. (Der Standard,Print 9/10.6.2001)