Unternehmen
Ein Autozulieferer namens Voest
Vorstandschef Strahammer will massiv in Autozulieferbereich investieren und schlechtes Stahl-Image abstreifen
Wien - Frustriert über den schwachen Börsenkurs und die gescheiterten Versuche, die Stahlproduktion durch Zukäufe auszubauen, hat die Voest-Alpine Stahl AG am Freitag eine strategische Kehrtwendung beschlossen. Der Linzer Konzern wird in Zukunft massiv in den Kfz-Zulieferbereich investieren und mit dieser Downstream-Strategie die Wertschöpfungskette deutlich verlängern, sagte Vorstandschef Peter Strahammer auf einer Pressekonferenz. Die Konzernstruktur wird von zwei Divisionen (Lang- und Flachprodukte) auf vier Bereiche umgebaut: Wachstumsbereich Automotive, Bahnsysteme, Profile und Flach neu. Profile übernimmt Wolfgang Spreitzer, der neu in den Vorstand aufrückt.
In den kommenden Jahren soll die Automotive-Division, also die Herstellung stählerner Kfz-Teile, durch Zukäufe von derzeit rund zwei Mrd. S (145 Mio. EURO) auf 14 Mrd. S wachsen. Das gesamte Autozuliefergeschäft werde dann die Hälfte des Konzernumsatzes ausmachen, sagte Vorstandsmitglied Wolfgang Eder. Da für Übernahmen in der Branche der halbe Umsatz bezahlt wird, sollte die Expansion rund sechs Mrd. S kosten.
Um diesen Kurswechsel zu unterstreichen, geht die VA Stahl wieder auf den traditionellen Namen Voest-Alpine AG zurück. "Wir wollen uns damit von den Commodity-Herstellern im Stahl differenzieren", sagte Strahammer. Ziel sei es, nicht mehr als Stahlwert, sondern als Automotive- oder Engineering-Aktie wahrgenommen zu werden und damit den Kurs zu stärken. Derzeit liege die Marktkapitalisierung nämlich unter den Eigenmitteln, was einer Einladung für unerwünschte Übernahmeangebote gleichkomme, so Strahammer.
Übernahmeschutz
Dem Schutz vor feindlichen Übernahmen soll auch der Ausbau der Mitarbeiterbeteiligungen dienen. Nach einem erstmals in Österreich angewandten Modell wird ein Prozentpunkt der letzten Lohnerhöhung dazu verwendet, Mitarbeiteraktien zu erwerben, die von einer Arbeitnehmerstiftung gehalten werden. Sie sollen fünf Prozent des Kapitals ausmachen; ein weiterer Ausbau ist später möglich. Drei weitere Prozent werden vom Management durch einen "aggressiven" Stock-Option-Plan erworben. Die Aktien, die derzeit von der VA Tech verkauft werden, landen laut Strahammer in freundlichen Händen, und er rechnet nicht mit einem raschen Verkauf des 37,8-Prozent-Anteils der ÖIAG. Die eigenen VA-Tech-Aktien (19 Prozent) wurden von Finanzanlagen in das Umlaufvermögen übertragen und können bei günstigen Börsenkursen verkauft werden.
Im Geschäftsjahr 2001 hat die VA Stahl ihr Ertragsziel mit einer Kapitalrendite (ROCE) von über zwölf Prozent erreicht und war damit das profitabelste Stahlunternehmen Europas, sagte Strahammer. Die Dividende von 1,20 EURO wird durch einen Bonus von 70 Cent aufgefettet. Das Rekordergebnis des abgelaufenen Jahres - 69 Prozent Plus beim Betriebserfolg auf 153 Mio. EURO und 39 Prozent mehr Jahresüberschuss auf 128,9 Mio. EURO - wird heuer wegen der schwächeren Konjunktur verfehlt werden. Strahammer erwartet dennoch ein "deutlich positives Ergebnis". (ef, DER STANDARD, Printausgabe 9.6.2001)