Wien - Mietrechtsexperten und Immobilieninvestoren drängen die Regierung, einen weiteren Anlauf zur Aufhebung der nicht marktkonformen so genannten Friedenskronenzinse zu unternehmen. Es sei "geradezu absurd", zu einem Zeitpunkt, an dem der Schilling vom Euro abgelöst werde, wie bisher Mieten am letzten Friedensmonat vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges zu orientieren, erklärte Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes Institutioneller Immobilieninvestoren am Freitag. Eine Experteninitiative zur Reform des Mietrechts schlägt außerdem die teilweise Herausnahme von Geschäftsraummieten aus dem Geltungsbereich des Mietrechts vor. Die Friedenszinsregelungen, die bei der Wohnrechtsnovelle 2000 nur beinahe entsorgt worden sind, sollten bei dem für Herbst dieses Jahres anstehenden neuerlichen Reformpaket bei der Übergabe der betreffenden Wohnungen faktisch abgeschafft werden, wird gefordert. In den derzeit kursierenden Papieren zur Novelle sei aber kein nennenswerter Liberalisierungsschritt zu erkennen, sagte Gottfried Call, Mitglied der "Experteninitative". Die neuen Gesetze sollen über den Sommer begutachtet und im Herbst verabschiedet werden und mit 1.1.2002 in Kraft treten. Ausweitung des Eintrittsrechtes Zwar soll nach dem Tod des Mieters der Friedenskronenwohnung das Eintrittsrecht in den Vertrag sogar noch auf Stief- und Pflegekinder ausgeweitet werden, allerdings soll für den neuen Mieter statt des bisherigen Friedenskronenzinses künftig der Richtwert ohne Deckelung nach oben gelten, schlagen die Experten vor. Ein solcher Schritt würde zu einer "Belebung" des Marktes führen, weil sich die Eintrittsberechtigten künftig überlegen würden, ob sie die oft gut ausgestatteten und gut gelegenen Wohnungen auch tatsächlich behalten wollen, meint der Wohnrechtsprofessor an der Universität Innsbruck. "Dies wird dazu führen, dass mehr Wohnungen auf den Markt kommen, was sie billiger macht. Derzeit gilt noch die Devise 'beati possidentes' - glücklich die Besitzenden", so Call. Durch die Regelung könnten die derzeit rein symbolischen Zinse bis auf das 50-Fache ansteigen, sagte Call. Für sozial Bedürftige soll ein Härteausgleich geschaffen werden. Meisten Wohnungen in Wien Während bis vor kurzem noch von bis zu 200.000 Altmietern die Rede war, soll die Zahl der "Friedenskronen-Wohnungen" tatsächlich zwischen 35.000 und 50.000 betragen, sagte Call unter Berufung auf Daten großer "Hausherren". Die überwiegende Zahl der Wohnungen mit Friedenskronenzins liegt in Wien. Dazu kommt noch eine kleinere Zahl von Büros und Geschäften, die nach wie vor der Friedenskronen-Regelung unterliegen. Ein zweites Anliegen sind die Mieten für Geschäftsräume, die nach wie vor zur Gänze dem Mietrechtsgesetz (MRG) unterliegen. Künftig sollen nur mehr Teile des MRG für vor 1945 entstandene Büro- und Geschäftsräumlichkeiten gelten - nämlich der Kündigungsschutz und die im Vorjahr liberalisierten Befristungsregelungen. Alles andere solle der freien Vereinbarung zwischen zwei Kaufleuten unterliegen. Dazu müsse allerdings ein "ausgewogenes Übergangsrecht" beschlossen werden, das die Interessen von Mietern und Vermietern berücksichtigt. (APA)