ORF
Weis: "Schwächung des ORF ist ultimatives Schockerlebnis"
Privatfernsehen sei eine Herausforderung und keine Bedrohung
Auch die ORF-Führung ist an einer "friktionsfreien" Arbeit interessiert. "Das ist selbstverständlich keine Frage", sagte ORF-Generalintendant Gerhard Weis am Freitag in Reaktion auf Aussagen von Medienstaatssekretär Franz Morak (V). "Wir arbeiten so lange, wie unser Vertrag besteht, das heißt bis Oktober 2002. Wenn man unseren Vertrag vorher lösen will, dann müssen wir das akzeptieren." Eine derartige Vorgehensweise sei "in der Wirtschaft heute leider weit verbreitet", so Weis in Anspielung auf die Vorgänge in der ÖIAG.
Moraks Interpretation, wonach vor allem das Privat-TV-Gesetz in Kombination mit der ORF-Reform ein "ultimatives Schockerlebnis" für den ORF sei, wies Weis zurück. "Privatfernsehen sehen wir als Herausforderung, aber nicht als Bedrohung. Das ultimative Schockerlebnis ist es, dass entgegen aller Behauptungen der Politiker der ORF nicht gestärkt, sondern substanziell geschwächt wird. Der ORF im Wettbewerb und die Geschäftsführung werden nicht gestärkt. Das ist das Schockerlebnis."
Gleichfalls heftig reagierte der ORF-Chef auf Moraks Äußerungen, wonach der öffentlich-rechtliche Sender wegen der Gebühreneinnahmen ein Unternehmen sei, das nicht im Wettbewerb stehe wie ein Privater. Weis: "Wir haben am österreichischen Markt 35 Mitbewerber. Die Aussage, dass jeder Schilling verdoppelt werde, missachtet den Umstand, dass wir unseren Programmauftrag zu einem erheblichen Teil selbst finanzieren müssen. Die Kosten für den Programmauftrag übersteigen bei weitem das, was wir über Gebühren verdienen. Den Rest müssen wir im Wettbewerb holen."
Als "großen Irrtum" bezeichnete es Weis, dass die Abschaffung der Belangsendungen dem ORF zusätzliche Werbeeinnahmen bringen. Ersten würden die Belangsendungen nicht in einem "Werbeumfeld" ausgestrahlt, zweitens muss der frei werdende Werbeplatz in die derzeitige Werbezeit eingerechnet werden. "Die Belangsendungen machen umgerechnet 19 Sekunden pro Tag aus. Das ist so minimal, dass sich das Durchrechnen gar nicht lohnt."
Auch den Vorwurf, dass der ORF "Horrorszenarien" skizziere, wies Weis zurück. "Wir machen nach bestem Wissen und Gewissen auf die Konsequenzen aufmerksam. Das ist alles." Ebenso falsch sei es, von einer "Rückführung des öffentlich-rechtlichen Auftrages" zu reden. "Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird nicht verringert, sondern ausgeweitet. Rückgeführt wird die Finanzierung", sagte der ORF-GI.
Beim Thema Werbe-Usancen wies Weis indes darauf hin, dass es jedenfalls nicht üblich sei, dass ein Unternehmen seine Verträge in der "Wiener Zeitung" veröffentlicht: "Das ist wirtschaftsfremd." Kritik übte Weis auch an der Aussage, wonach der ORF aus heutiger Sicht mit 1.500 Mitarbeitern das Auslangen finden könnte. Derzeit sind im ORF 2.600 Leute beschäftigt. "Nach der Meinung von Morak müssten wir 1.100 Mitarbeiter entlassen und das selbe Programm machen. Es stellt sich die Frage, ob er das so meint." (APA)