Iran
Khatami mit 77 Prozent wiedergewählt
Präsident preist Sieg "für Demokratie und Freiheit"
Teheran - Der iranische Präsident Mohammed Khatami ist mit überwältigender Mehrheit für weitere vier Jahre in seinem Amt bestätigt worden. Nach Auszählung aller Wahlzettel entfielen auf den reformorientierten Präsidenten 77 Prozent der Stimmen, wie das iranische Innenministerium am Samstagabend mitteilte. Seine neun Herausforderer aus dem konservativen Lager landeten weit abgeschlagen. Mit 67 Prozent lag die Wahlbeteiligung erheblich unter der von 1997, als Khatami ins Präsidentenamt gewählt wurde. Der 57-jährige Präsident bezeichnete seine Wiederwahl nach Angaben der Nachrichtenagentur IRNA als einen Sieg "für Demokratie und Freiheit". Khatamis erdrutschartiger Wahlsieg wurde allgemein begrüßt.
Khatami erreichte sein Wahlziel, das Ergebnis von 1997 noch zu verbessern; damals hatte sich der Reformer überraschend mit 70 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Zusammen mit der Parlamentswahl vom Februar 2000 ist die Wiederwahl Khatamis bereits der dritte klare Sieg des Reformlagers in Folge. In einer ersten Reaktion sagte Khatami, Ziel seiner künftigen Politik sei es, das "Demokratiesystem und die Rechte der Menschen" zu stärken. Bedingungen dafür seien eine "offene Atmosphäre, Meinungsfreiheit und sogar Opposition im Rahmen der Gesetze". Gleichzeitig kündigte er eine stärkere Konzentrierung seiner Politik auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes an. Versöhnliche Worte richtete Khatami an die Adresse seiner konservativen Gegner: Bei allen Reformen müssten die Werte der Islamischen Revolution gewahrt bleiben, unterstrich er.
Bereits vor Verkündung des vorläufigen Endergebnisses feierten Hunderte von Studenten in Teheran den Sieg ihres Favoriten. Der deutsche Bundespräsident Rau schrieb in seinem Glückwunschtelegramm an Khatami, das iranische Volk habe dessen "Politik der Stärkung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Toleranz und des Dialogs der Kulturen" bestätigt. Nach den Worten des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder hat sich die Bevölkerung "mit überwältigender Mehrheit für eine Fortsetzung der Reformpolitik ausgesprochen".
Der Präsident hat im Iran nur eine beschränkte Macht. Mächtigster Mann im Staat bleibt der geistliche Führer, Ayatollah Ali Khamenei, der 1989 die Nachfolge von Ayatollah Khomeini antrat. Daneben befinden sich wichtige Institutionen wie der Wächterrat und die Justiz in den Händen der konservativen Geistlichkeit, die seine Reformprojekte in der abgelaufenen Amtsperiode nach Kräften blockierte oder erschwerte. Weil Khatami nun auf eine noch größere politische Legitimation verweisen kann, erwarten Beobachter jedoch, dass sich die rechten Mullahs bei der Torpedierung seiner Reformpolitik etwas mehr zurückhalten werden. (APA)