ORF
Nicht "das Gelbe vom Ei"
ORF-Gesetz ist für Küberl "Rückgriff auf den ORF vor 1968" - Kompetenzen zwischen den Gremien nicht geklärt
Bedenken gegen die geplante ORF-Reform meldet Caritas-Präsident Franz Küberl an.
Er zweifle daran, ob der Gesetzesentwurf schon "das Gelbe vom Ei" sei, erklärte der
ORF-Kurator in einem Interview mit der katholischen Zeitschrift "Quart". Küberls
Hauptkritikpunkte: Die Kompetenzen zwischen den Gremien seien im Entwurf noch
ungenügend geklärt. Rückgriff
"Kein Zeitungschefredakteur würde sich einen Aufsichtsrat gefallen lassen, der in die
aktuelle Blattgestaltung eingreift." Eine solche Konstruktion wäre ein "Rückgriff auf den
ORF vor 1968". Unverständlich ist für Küberl auch die Regelung, Werbezeit im ORF zu
Gunsten der kommerziellen Sender zu kürzen: "Privat-TV soll prinzipiell ermöglicht
werden, aber ich verstehe nicht, dass der ORF zu den Investitionsbedingungen der
neuen Sender beitragen muss."
"Match Ballhausplatz-Küniglberg"
Küberl, der im ORF-Kuratorium die Kirchen vertritt, hat bei einigen gesetzlichen
Bestimmungen "den Eindruck, sie sind ein Versuch, Gerhard Weis loszuwerden". Es
sei schwierig, zu durchschauen, "was wahre Reformabsicht ist und wo ein Match
Ballhausplatz-Küniglberg gespielt wird".
Mit den inhaltlichen Hinweisen in Richtung Qualität hat Küberl "kein Problem", er ist
außerdem der Meinung, dass der ORF "sehr in die Nähe dieser Anforderungen
kommt". Wenn man mehr Qualität wolle, werde man aber mehr Geld brauchen.
"Befangene Berichterstattung"
Die Diskussion in den Zeitungen rund um die ORF-Reform hält der Caritas-Präsident
für wenig differenziert: Fast alle seien befangen, jedes Blatt vertrete seine eigenen
Interessen, es tobe ein "erbitterter Kampf um die Werbeaufträge", zumal diese heuer
insgesamt etwas zurückgegangen seien. Küberl vertritt die Ansicht, dass zwar die
Sonderwerbeformen im ORF reduziert werden sollten, dafür müsste man aber dem
Unternehmen mehr Werbezeit zugestehen.
"Zentralverwaltungswirtschaft"
Wenn die privaten Sender gut seien, würden sie auch Werbeaufträge bekommen, das
sollte aber nicht dadurch geschehen, dass man dem ORF Werbezeit wegnimmt. Dies
wäre eine "Lenkungsweise aus der Zentralverwaltungswirtschaft". Die Verteilung des
Werbekuchens müsste jedenfalls eine Entscheidung des Marktes sein. (APA)