Belgrad - Die Mehrheit der serbischen Bürger ist weiterhin gegen die Überstellung vermeintlicher Kriegsverbrecher an das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen in Den Haag. Stattdessen müssten sie vor ein heimisches Gericht kommen, sollte es Beweise für ihre Kriegsverbrechen geben. Dies ergibt sich aus einer Meinungsumfrage der Belgrader Tageszeitung "Politika" und der Meinungsforschungsagentur "Faktor plus". Bei der Umfrage, an der sich 1.000 Personen aus verschiedenen Städten Serbiens beteiligt haben, hatten sich 40 Prozent der Befragten für einen Gerichtsprozess gegen Ex-Präsident Slobodan Milosevic in Jugoslawien ausgesprochen. 19,4 Prozent waren gegen die Überstellung von Milosevic an das Tribunal in Den Haag, da dies "womöglich zu Forderungen nach Kriegsschadenersatz seitens ex-jugoslawischer Teilrepubliken" führen könnte. Rund zehn Prozent sind der Ansicht, dass Milosevic an das Tribunal nur unter der Bedingung überstellt werden soll, wenn auch andere ex-jugoslawische Führer angeklagt werden. Nur acht Prozent haben sich für eine bedingungslose Auslieferung von Milosevic an das Tribunal ausgesprochen. Die jugoslawische Regierungskoalition schlitterte in die Krise, nachdem es dem DOS-Bündnis und seinem Koalitionspartner, der Sozialistischen Volkspartei (SNP), bisher nicht gelungen ist, eine Einigung über den Gesetzesentwurf zu erzielen, der die Zusammenarbeit Belgrads mit dem Tribunal regeln soll. Der serbische Vizeministerpräsident Zarko Korac schlug indes vor, die Zusammenarbeit Belgrads mit dem Tribunal auf Grund der serbischen Verfassung zu regeln. Die unter Milosevic verfasste Verfassung sieht vor, dass von den serbischen Behörden nicht die Beschlüsse der Bundesbehörden beachtet würden, die "nicht im Interesse der Bürger Serbiens" seien. Gemäß Korac sollte sich die Regelung der Zusammenarbeit mit dem Tribunal gerade auf diese Bestimmung stützen. Die SNP hatte sich nämlich dem Gesetzesentwurf widersetzt, welcher die Überstellung jugoslawischer Staatsbürger an das Tribunal vorsieht und somit die Erlassung des Gesetzes blockiert. Während zwischen den jugoslawischen Koalitionspartnern die Verhandlungen noch nicht beendet sind, ist ein Hilfskredit des Weltwährungsfonds in Höhe von 260 Millionen Dollar (307 Mill. Euro/4,22 Mrd. S) in Frage gekommen, nachdem die US-Administration ihr Veto in Aussicht gestellt hatte. (APA)