Rom - In der neuen italienischen Regierung weht der "Nordwind". Alle Schlüsselressorts in dem Mitte-Rechts-Kabinett hat Regierungschef Silvio Berlusconi Ministern aus dem norditalienischen Raum anvertraut. Vor allem die Lombardei, aus der der Mailänder TV-König stammt, ist in der neuen Regierung massiv vertreten. Aus der reichsten norditalienischen Region kommt zum Beispiel Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, der die liberalen Steuerversprechen Berlusconis in ein wirtschaftspolitisches Programm einbinden muss. Tremontis "Superministerium" ist aus der Fusion von Schatz- und Finanzministerium entstanden. Lombarden sind auch die drei Minister der rechtspopulistischen Lega Nord - Umberto Bossi, Roberto Maroni und Roberto Castelli - die Berlusconi in sein Kabinett aufgenommen hat. Damit wollte er sich die Loyalität der unberechenbaren Partei zu sichern, die ihn bereits im Jahr 1994 mit dem Austritt aus dem Mitte-Rechts-Bündnis gestürzt hatte. Aus Mailand stammen außerdem zwei parteiunabhängige Experten, die Berlusconi zu Ministern befördert hat, die Unternehmerin Letizia Moratti, die zur Schulministerin aufgerückt ist, und der angesehene Immunologe Gerolamo Sirchia, der das Gesundheitsministeriums übernommen hat. Auch die Führung des neugegründeten Ministeriums für die im Ausland lebenden Italienern übernimmt der Spitzenpolitiker der rechten Nationalallianz, Mirko Tremaglia, der aus der lombardischen Stadt Bergamo stammt. Kein Wunder, dass die italienischen Medien von einem "Ansturm der Lombarden" sprechen. "Das zweite Kabinett Berlusconi ist die norditalienischste Regierung seit der Einheit Italiens", kommentierte die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". "Der Ansturm der Lombarden in Rom bringt die Hoffnung auf größere Effizienz und Fleiß in den Regierungsräumen mit sich", hofft der "Corriere della Sera". Die Lombarden würden jedoch auch beweisen müssen, dass die Forderungen nach der Föderalisierung des Landes nicht ein Zeichen des Egoismus der reicheren Regionen sind, die nicht mehr für den Süden zahlen wollen, schrieb die Tageszeitung. Der Beschluss Berlusconis, Norditaliener für sein Kabinett zu bevorzugen, löste Unmut in politischen Kreisen in Rom aus. "Die neue Regierung ist zu stark auf Norditalien konzentriert. Die Gefahr ist, dass das Kabinett Beschlüsse fasst, die die reicheren Regionen bevorzugen", warnte der Chef der gemäßigten Bewegung "Europäische Demokratie", Sergio D'Antoni, gebürtiger Sizilianer. Bedenken äußerte auch der Ex-Starermittler und Chef der Bewegung "Italien der Werte" Antonio Di Pietro, der sich vor allem wegen der Beteiligung des Vorsitzenden der Lega Nord, Umberto Bossi, an der neuen Regierung besorgt zeigte. Bossi, der den Posten des Reformenministers erhalten hat, könnte Beschlüsse fassen, die die Kluft zwischen Nord- und Süditalien vertiefen würde. (APA)