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Wien - Tschechien lehnt eine Nichtinbetriebnahme Temelíns entschieden ab. Die Reaktoren entsprächen internationalen Sicherheitsstandards, eine Nichtinbetriebnahme sei wirtschaftlich undenkbar, weil ruinös. In der von Wien geforderten Analyse der Nullvariante kommt Prag zum Schluss, dass der mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen tschechischen Betreiberfirma durch einen Stopp Temelíns ein Schaden von mehr als 47 Milliarden Schilling entstehen würde. Durch Nichtexport von Atomstrom in den nächsten vier Jahren weitere 3,8 Milliarden Schilling Verlust und durch zusätzlichen Gasimport - um dem steigenden Stromverbrauch Rechnung zu tragen - Mehrkosten von 970 Millionen Schilling im Jahr. Die Betreiberfirma müsste Konkurs anmelden, ausländisches Kapital von mehr als 22 Milliarden Schilling könnte nicht zurückgezahlt werden, 3460 Arbeitsplätze wären direkt gefährdet, weitere 20.000 indirekt. Wegen bestehender Verträge sei eine Nichtinbetriebnahme auch rechtlich kaum möglich. Eine vom österreichischen Umweltministerium beauftragte Studie meldet hingegen schwere Zweifel an, dass Temelín jemals wirtschaftlich betrieben werden kann. Vielmehr, so Sektionschef Ernst Streeruwitz am Montag, könne es sogar sein, dass Temelín durch seine Verdrängung von Kohlekapazitäten dem Staat teurer kommt als seine Einmottung. "Temelín ist eine politische Frage, ökonomisch scheint die Lage völlig klar zu sein." Ein Veto Österreichs gegen den EU-Beitritt Tschechiens, solange Temelín nicht gelöst ist, sei nicht nur möglich, sondern sogar zwingend, so ein Montag präsentiertes Linzer Rechtsgutachten - sonst drohe der Republik bei einem Reaktorunglück Amtshaftungsklage: Alle Staatsorgane seien "rechtlich verpflichtet", umfassenden Umweltschutz zu verwirklichen, dabei "alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen". (fei/DER STANDARD, Print, 12.6.2001)