Aus Protest gegen einen Sozialplan, der knapp die Hälfte der Belegschaft der französischen Tageszeitung "France Soir" ihren Posten kosten könnte, streikt das Personal. Die französiche Pressegruppe Amaury hat angekündigt, dass sie die Publikation von "Aujourd'hui" ("Heute"), der nationalen Ausgabe der Pariser Tageszeitung "Le Parisien", mit 13. Juni "sine die" einstellt. "France Soir", seit vergangenem Dezember Eigentum der italienischen Pressegruppe Poligrafici Editoriale, erschien daher Dienstag nicht. Nach Angaben der Redaktion und der Gewerkschaften plant die Betriebsleitung den Abbau von 80 der insgesamt 190 Posten. Weiteren Schritte des Protests gegen den von der Betriebsleitung in Aussicht gestellten Sozialplan wurden diskutiert. Die Betriebsleitung der Zeitung hatte bereits Mitte Mai die Einstellung einer ihrer beiden Rotationsmaschinen angekündigt, um die Produktionsspesen zu senken. Schon damals hatte die Betriebsleitung als Alternative zum Sozialplan die Einleitung eines Konkursverfahrens genannt. Die endgültige Form dieses Sozialplans soll am kommenden Freitag im Zuge eines außerordentlichen Unternehmenskomitees angekündigt werden. Am stärksten betroffen vom bevorstehenden Postenabbau ist laut Gewerkschaften das technische Personal. Die Anzahl der Journalisten wurde seit Jahresbeginn bereits um die Hälfte auf 57 reduziert. "Heute" kennt kein Morgen mehr Mit der Einstellung von "Aujourd'hui reagiert der Konzern Amaury auf ein Urteil des Pariser Berufungsgerichts vom vergangenen Mittwoch, womit es der Pressegruppe untersagt wurde, den Vertrieb des "Parisien" in der Pariser Region in Eigenregie durchzuführen. Der Verlag hatte Anfang des Jahres beschlossen, der Zeitungsvertriebsgesellschaft "Nouvelles Messageries de la Presse Parisienne" (NMPP) nur noch den Vertrieb der nationalen Ausgabe zu überlassen. NMPP hatte darauf mit einer Klage reagiert. Der Generaldirektor der Tageszeitung, Jacques Guerin, hat ebenfalls angekündigt, dass Amaury ab dem 13. Juni "Le Parisien" in Eigenregie vertreiben wird. Das Pariser Blatt erreichte im Vorjahr eine durchschnittliche Auflage von 355.000 Exemplaren gegen 130.000 für "Aujourd'hui". Die Pressegruppe Amaury verlegt weiters auch die Sporttageszeitung "L'Equipe" und das katholische Tagblatt "La Croix". "Le Parisien" ist damit die erste große französische Tageszeitung, die das nach Kriegsende eingeführte genossenschaftliche Vertriebssystem der NMPP verlässt. Das Pariser Berufungsgericht befand in seinem Urteil das Vorhaben von Amaury als unfair, zumal es NMPP mit dem nationalen Vertrieb "den schwierigsten und kostspieligsten Teil der Aufgabe" überlasse. Die NMPP, die alleine 80 Prozent des Pressevertriebes in Frankreich darstellt, ist gegenwärtig von einer tiefgreifenden Krise geschüttelt. Die Betriebsleitung will bis Ende 2003 mehr als ein Drittel der 2.390 Posten abbauen. Die Gesellschaft gehört zu 51 Prozent mehreren Verleger-Genossenschaften und zu 49 Prozent dem Medienverlag Hachette SA (Gruppe Lagardere). (APA)