Wahids neuer Schachzug wird gleichermaßen als verzweifelte Tat gewertet, um durch Postenvergaben die Unterstützung einiger Parlamentarier bei der Abstimmung über die Amtsenthebung zu sichern, wie auch als weiterer Beweis für die unberechenbare Amtsführung des praktisch blinden Präsidenten. Wahid hatte bereits vor zwei Wochen unter anderem den einflussreichen Minister für Sicherheit und politische Koordination, Susilo, gefeuert.
Der Präsident verdächtigte ihn damals, hinter seinem Rücken einen Plan über eine neue Machtverteilung zugunsten von Vizepräsidentin Megawati Sukarnoputri auszuhecken. Megawati wie auch Wahid verließen jedoch verärgert die Kabinettssitzung, in der Susilo seinen Vorschlag unterbreitet haben soll. Es zeigte, wie tief mittlerweile die Gräben innerhalb der Exekutive sind.
Parteien und Ministerien seien gegenwärtig nicht mehr ansprechbar, sagen Vertreter ausländischer Nichtregierungsorganisationen in der Hauptstadt Jakarta, alle warteten nur noch auf die Sondersitzung der Beratenden Volkskammer am 1. August. Dann soll über den Sturz von Indonesiens erstem frei gewählten Präsidenten abgestimmt werden. Dass er kommt, versichern die Führer aller Parteien im Parlament - außer natürlich Wahids eigener Partei -, auch wenn die rechtlichen Grundlagen für die Amtsenthebung unklar sind. Denn von zwei Korruptionsskandalen, in die der Präsident verwickelt sein soll, ist nach Prüfungen nicht wirklich etwas übrig geblieben. Doch sowohl Megawatis Partei, wie die Armee und die Anhänger des früheren Diktators Suharto wollen Wahid nun loswerden.
Suharto wiederum ist am Dienstagnachmittag in ein Krankenhaus in Jakarta eingeliefert worden. Der Exdiktator soll nur wenige Tage nach seinem 80. Geburtstag einen Kreislaufzusammenbruch erlitten haben. Indonesiens neuer Generalstaatsanwalt Baharudin Lopa hat Stein und Bein geschworen, den Machthaber endlich vor Gericht zu bringen. Es muss nicht viel heißen: Lopa ist auch erst seit zwei Wochen im Amt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 13./14.6.2001)