Paris - Einen eher dubiosen Sieger kürte das dem Liebesmelodram gewidmete "Festival des romantischen Films" von Cabourg in der Normandie: Giuseppe Tornatores "Malena", das Vehikel für Italiens Primadonna-Model Monica Belluci, wurde am Samstagabend zum "romantischsten Film des Jahres" gekürt. Die Jury dem Vorsitz des Regisseurs Claude Pinoteau bewies damit primär, dass, mit Verlaub gesagt, der Blickwinkel älterer Herren das Kriterium darstellte. An plausibleren Gegenkandidaten hätte es im Prinzip überhaupt nicht gefehlt: Mit Lone Scherfigs dänischem "Italian for Beginners" und "Betelnut Beauty" des Taiwanesen Lin Cheng Sheng waren etwa zwei bei der Berlinale schon Prämierte und Hochgelobte am Start. Die beiden seien mit Absicht beispielshaft hervorgehoben: In der Gegenwart angesiedelt, stark mit der Verankerung von Charakteren in ihrer Umgebung arbeitend und dank einer leichtfüßigen Handkamera billig, sind sie in allem das Gegenstück zu "Malena"s üppiger Retro-Ausstattung, dem Ausschlachten der ganzen Palette von Sizilien-Klischees und dem nur mit Mühe rechtfertigbaren Voyeurismus (der Blickwinkel eines Teenagers ...). Zu bedauern ist also, dass sich ein Spezialfestival nicht dazu aufraffen konnte, in einem Genre, in dem europäische Produktionen sehr gute Weltmarktchancen haben, andere, zukunftsweisendere Zeichen zu setzen. Weiters noch zu entdecken Immerhin, als Kompensation bekam die verschrobene kleine belgische Schwarzweiß-Produktion, "Pourquoi se marier le jour de la fin du monde" ("Warum am letzten Tag der Welt noch heiraten?") von Harry Cleven eine 'Spezielle Erwähnung'. Weiters im Wettbewerb um den "Goldenen Schwan" für den "romantischsten Film" vertreten - und noch zu entdecken - waren "Happy Accidents" von Brad Anderson (USA), "Amour d'Enfance" von Yves Caumon (Frankreich), "Russian Doll" von Stavros Kazantzidis (Australien), "Que fasaient les femmes pendant que l'homme marchait sur la lune?" von Chris Van der Stappen (Frankreich/Belgien) und "Bella Cio" von Stephane Giusti (Frankreich - ja, der von "Pourquoi Pas?"). Ein weiterer vergebener "Goldener Schwan" gingen an Sandrine Bonnaire für ihre Hauptrolle in "Mademoiselle" von Philippe Lioret. Auch das eine seltsame Optik: Bonnaire war die Präsentatorin der Eröffnungsgala gewesen. Der französische Kassenschlager des Jahres, "Le fabuleux destin d'Amélie Poulain" von Jean-Pierre Jeunet, wurde mit gleich zwei großen Preisen bedacht. Wohl teils auch als Kompensation für die Nicht-Berücksichtigung von Cannes erhielt er die "Schwäne" für Beste Regie und Beste männliche Hauptrolle (Mathieu Kassovitz). Als größte romantische Nachwuchshoffnungen gelten Emilie Dequenne (in Wien eben als "Rosetta" zu sehen gewesen) für "Le Pacte des loups" von Christophe Gans, bzw. Eric Caravaca für "Sans Plomb" von Muriel Téodori. Bei den Kurzfilmen gewann der Schauspieler und Regisseur Lyes Salem für "Jean-Fares", Alice Carel und Jean-Luc Abel gewannen die Darstellerpreise für "On s'embrasse ?" von Pierre Olivier. Der Sonderpreis "Coup de coeur" ging, wie schon zuvor bekannt gegeben wurde, an Arielle Dombasle, das männliche Preisäquivalent, der "Coup de foudre", an Richard Berry. hcl