Welt
Drei Jahrzehnte Sigmund Freud-Museum
"Berggasse 19" ist in jedem Wien-Führer vermerkt
Wien - Berggasse 19 - diese Adresse in Wien-Alsergrund ist auf der ganzen Welt bekannt. Das Haus, in dem die ehemalige
Ordination des österreichischen Seelenarztes und Psychoanalytikers Sigmund Freud untergebracht ist, hat sich zu einer Pilgerstätte der
psychoanalytischen Fan-Gemeinde entwickelt. Vor 30 Jahren, am 15. Juni 1971, wurde die Praxis als Museum der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht.
Das Wartezimmer konnte weitgehend in den ursprünglichen Zustand versetzt werden, Arbeits- und Behandlungszimmer sind als Schauräume
mit zahlreichen Originaldokumenten eingerichtet. 1986 erwarb die Sigmund Freud-Gesellschaft auch die ehemalige Privatwohnung Freuds
gegenüber der Ordination, sie dient heute als Bibliothek. Diese ist mit 25.000 Bänden eine der größten Studienbibliotheken zur Psychoanalyse
in Europa.
Der Prophet im eigenen Land ...
Mit den Vorarbeiten für die Errichtung des Museums reagierte die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Josef Klaus auf
internationale Kommentare, dass dem Werk des österreichischen Psychoanalytikers in Österreich zu wenig Bedeutung zugemessen werde.
Unter der Leitung von Friedrich Hacker, dem ersten Präsidenten der 1968 gegründeten Sigmund Freud-Gesellschaft, wurden die
Räumlichkeiten der ehemaligen Ordination durch Mittel der Gemeinde Wien und des Bundes angekauft und renoviert.
Die Eröffnung fand im Beisein von Anna Freud, der jüngsten Tochter des berühmten Arztes, statt, die zu diesem Zwecke das erste Mal seit
ihrer Vertreibung nach Wien gekommen war. Freud war mit seiner Familie 1938 nach London emigriert, wo er ein Jahr später starb. Anna
Freud, ebenfalls Psychoanalytikerin, widmete dem Museum die Einrichtung des Wartezimmers sowie 79 Exponate aus der Antikensammlung
ihres Vaters.
Im ehemaligen Behandlungszimmer ist an den Wänden das Leben und Schaffen Freuds in Fotos und teils Originalschriftstücken, Erstausgaben
und Sonderdrucken dokumentiert. In den ehemaligen Küchenräumen, die als Medienräume hergerichtet wurden, sind Bild- und
Tondokumente von Sigmund Freud, seinen Kollegen und seiner Familie zu sehen. Seit November 1996 kann das Museum auf Grund neuer
Vortrags- und Veranstaltungsräumlichkeiten (die gemietet werden können) auch für Ausstellungen und Kunstprojekten die sich nicht direkt
mit Freud beschäftigen, genutzt werden.
Attraktion
Rund 40.000 Besucher zählt das vor 30 Jahren eröffnete Freud-Museum Jahr für Jahr. Geführt wird das Museum von der Sigmund
Freud-Gesellschaft, zu deren Gründungsmitgliedern auch Bundespräsident Thomas Klestil zählt. Seit 1997 kann man das Museum auch online
besuchen. Unter
www.freud-museum.at
ist vieles über Freud selbst, den Aufbau des Museums, sowie seine Veranstaltungen zu
erfahren. Bis 30. Juni hat das Freud-Museum im Rahmen des Kunstprojektes "Unternehmen Capricorn" auch eine Dependance in der
Großen Schiffgasse 11 im Karmeliterviertel in Wien-Leopoldstadt: In einem leerstehenden Geschäftslokal geht eine Installation den
Verbindungen von Freuds "Traumdeutung" mit der Botanik nach.(APA)