Asien & Pazifik
Thailand: Kindliche Dienstboten werden oft ausgenutzt
Mehr Prügel als Taschengeld
Bangkok - In Thailand haben drei Mädchen mit einer
Anzeige gegen die Lebensgefährtin des früheren thailändischen
Premierministers Chuan Leekpai ein verbreitetes Übel ins
öffentliche Rampenlicht gezerrt: die Misshandlung und Ausbeutung
von Kindern und Jugendlichen, die als Dienstboten in privaten
Haushalten beschäftigt sind.
Die Nachricht an sich, dass Pakdiporn Sujaritful und ihr
Leibwächter Hauptfeldwebel Suthee Thongkham zwei Jahre lang drei
14- und 15-jährige Haushaltshilfen wiederholt geschlagen hatten,
war für Thailands Medien zunächst nur ein politischer Skandal. Das
Schicksal der betroffenen Mädchen, das zahllose andere
'Haustöchter' in thailändischen Familien mit ihnen teilen, war
ihnen keine Schlagzeilen wert.
Erst als die Opfer Ketsiri Jaikla, Walaiporn Pongsing und
Yaowalak Withoon die Flucht antraten und Anzeige gegen ihre
Peiniger erstatteten, kam die Sache in juristisches Fahrwasser.
Pakdiporn wurde wegen Körperverletzung und ähnlicher Delikte
angeklagt, befindet sich allerdings seit Zahlung einer Kaution von
rund 1.100 Dollar vorerst auf freiem Fuß. Eine Verurteilung könnte
ihr bis zu zwei Jahren Haft und eine Geldstrafe einbringen. Ihr
Bodyguard ist wegen des gleichen Deliktes angeklagt.
Rechte einklagen ist schwierig
Die Beziehungen von Kindern wie Jaikla, Pongsing und Withoon zu
ihren Arbeitgebern lässt sich nur schwer in einen verbindlichen
Rechtsrahmen einfügen. In Thailand werden sie in einer Grauzone
zwischen entfernten Familienangehörigen und Dienstboten
angesiedelt. Wenn sie Glück haben, werden sie gut behandelt.
Andernfalls ist es für sie schwierig, ihre Rechte einzuklagen. Mit
Nachbarn, die als Zeugen für sie aussagen, können sie nicht
rechnen, denn diese mischen sich ungern ein.
"Wir alle wussten, was los war", sagte eine Nachbarin
Pakdiporns. "Ich hätte den Mädchen auch geholfen, wenn sie mich um
Hilfe gebeten hätten. Aber das haben sie nicht getan. Mehr möchte
ich dazu nicht sagen, weil ich keinen Ärger mit meiner Nachbarin
haben will."
Wie in anderen asiatischen Ländern auch kommen die Kinder meist
aus armen Familien, die sie bei wohlhabenden Leuten arbeiten
lassen. Von den Arbeitgebern wird erwartet, dass sie für ihre
jungen Dienstboten sorgen und ihnen einen geringen Lohn zahlen.
Welchen Status diese in einer Familie haben, lässt sich, wie
Apina Vejyachai von der Fakultät für Sozialarbeit der Thammasat-
Universität erläutert, am ehesten daran erkennen, ob man sie 'Luk'
(Tochter/Sohn) oder 'Nong' (jüngere Schwester/Bruder) nennt.
Genaue Zahlen über Kinder, die im Haushalt als Dienstboten
arbeiten, gibt es in Thailand nicht. Doch in einer früheren
Untersuchung hatte die Stiftung für die kindliche Entwicklung
(Foundation for Child Development) festgestellt, dass man
vorzugsweise Kinder für die Hausarbeit anheuert, weil sie leicht
auszunutzen sind. Sie sind besonders gehorsame und billige
Arbeitskräfte.
Da sie im Haushalt der Familie leben, die sie eingestellt hat,
dauert ihr Arbeitstag bis zu 14 Stunden. Ihr Monatslohn liegt, je
nach Alter, zwischen 200 und 1.000 Bath (17 bis 22 Dollar). Manche
arbeiten ohne Bezahlung.
Die Eltern der Mädchen, die schließlich aus dem Haus der
Gefährtin des Ex-Premiers Chuan Leekpai geflohen waren, hatten sie
dort abgeliefert, "damit sie lernen, wie man arbeitet und sich
ordentlich benimmt", wie einer der Väter erklärte. "Sie bekamen
keinen Lohn, sondern Taschengeld", erklärte Boonpan Withcon,
Yaowalaks Vater.
Schikanen
Obgleich bei einer ärztlichen Untersuchung im
Polizeikrankenhaus die Spuren zahlreicher Verletzungen registriert
worden waren, heißt es jetzt, die Eltern wollten ihre Töchter dazu
bringen, ihre Anzeige zurück zu nehmen.
"Meine Mutter hat die Mädchen wie ihre eigenen Kinder
behandelt, und jetzt zeigen sie sich so undankbar", klagte Frau
Pakdiporns Sohn Sorabot Leekpai Pakdiporn.
Die Eltern der Mädchen hätten Dokumente unterzeichnet, in denen
sie sich Frau Pakdiporn anvertrauten, berichtet Leibwächter
Suthee. "Sie dürfen das Haus nicht allein verlassen, denn sie
kommen vom Land und könnten leicht Betrügern in die Hände fallen".
Juristen betonen, es gebe in Thailand zwar Gesetze zum Schutz
von Kindern, die es unter 18-jährigen verbietet zu arbeiten. Doch
wegen der rechtlich unklaren Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern
mit ihren kindlichen Hilfskräften seien sie kaum anzuwenden.
"Diese Kinder wissen nichts von ihren Rechten. Sie arbeiten,
weil sie sich gegenüber ihren Eltern und ihren vermeintlichen
Beschützern zu Dankbarkeit verpflichtet fühlen", beschreibt der
Anwalt Charit Meesit das rechtliche Niemandsland. Er fordert eine
gesetzliche Regelung solcher Fälle. Es müsse klar werden, dass
Haushalte, die ihre jungen Dienstboten schlecht behandeln, kein
Arbeitsplatz für Kinder sein dürften.
Das Zentrum für den Schutz der Kinderrechte (CPCR) bemüht sich
im Rahmen eines Projektes, das sich 'Mai Yai Jai Dee'(Lieber
großer Baum) nennt, die Erwachsenen über das Problem des
Missbrauchs von jungen Hausangestellten und über ihre
Möglichkeiten informieren, wie sie den Betroffenen helfen können.
"Wem ein solcher Fall zu Ohren kommt, der sollte entweder
Behörden und geeignete Nichtregierungsorganisationen oder die
Medien informieren", schlägt der Direktor des Zentrums, Sanphasit
Koompraphant, vor.
Nach Ansicht des Leiters der Stiftung für die Entwicklung der
Kinder, Khemporn Virunrapan, sollten Missbrauchsfälle wie im Fall
Pakdiporn nicht unter arbeitsrechtlichen Aspekten behandelt
werden. Hier gehe es vielmehr um Verstöße gegen den Kinderschutz,
betont er. (IPS)