Rom/Pisa (APA) - Pisa feiert am Samstag die Wiederöffnung des Schiefen Turmes nach einer elfjährigen Rettungsaktion, die das Wahrzeichen der toskanischen Stadt um 250 Jahre "verjüngt" hat. Seit Jänner 1990 konnten Touristen und die 100.000 Bewohner der Stadt den Turm nur von unten betrachten. Am Samstag wird er mit einer großen Zeremonie zu Ehren des Heiligen Rainieri, des Schutzpatrons von Pisa, wieder für Besucher geöffnet. Nach einer aufwendigen Renovierung wurde die Schieflage des berühmten Wahrzeichens um 40 Zentimeter verringert. Das 800 Jahre alte Gebäude ist wieder so sicher wie im 17. Jahrhundert, betonen die Behörden. Der Marmorturm wurde auch von den Spuren der jahrzehntelangen Luftverschmutzung befreit. "Vor elf Jahren stand der Turm vor dem Zusammenbruch, nun wird er mindestens weitere 300 Jahre stehen", versicherte der polnische Ingenieur Michele Jamiolkowski, Präsident des internationalen Expertenkomitees, das von der italienischen Regierung mit den Rettungsarbeiten beauftragt worden ist. "In all diesen Jahren habe ich nie daran gezweifelt, dass unser Projekt erfolgreich sein würde. Es ist eine große Freude, ein Monument gerettet zu haben, das nicht nur das Wahrzeichen von Pisa, sondern ein Erbgut der ganzen Menschheit ist", sagte Jamiolkowski. Der polnische Ingenieur und seine 14 Mitarbeiter werden zu den Ehrengästen der Feier zählen, die der Gemeinderat organisiert hat. Der Starsänger Andrea Bocelli, gebürtiger Toskaner, wird zusammen mit der Sopranistin Cecilia Gasdia vor 10.000 Personen singen. Das Programm des Konzerts sieht Arien und Duetten aus den Opern Tosca, Ein Maskenball, Nabucco, Trovatore, Boheme und Cavalleria Rusticana vor. Das symphonische Orchester der Stiftung Arturo Toscanini wird vom Dirigenten Marcello Rota geleitet. An der Zeremonie zur Wiedereröffnung des Turmes werden auch mehrere Minister des neuen Mitte-Rechts-Kabinetts von Silvio Berlusconi erwartet. Eine kleine, erlesene Gruppe von Personen wird am Samstag das Wahrzeichen der toskanischen Stadt mit einem Führer besteigen dürfen. Erst im November soll die "Torre di Pisa" wieder allgemein freigegeben werden. Die Besucher werden jedoch tief in die Tasche greifen müssen, um die 293 Stiegen des Turmes zu beklettern. Das Ticket wird umgerechnet an die 170 Schilling (12,35 Euro) kosten. Die Führung für Gruppen von maximal 30 Personen wird bis zu 45 Minuten dauern. Aus der ganzen Welt sind bereits Vorbestellungen eingetroffen. In den 50 Jahren vor der Sperrung des Turmes hatten 18 Millionen Touristen den Turm besucht. "Ein Albtraum ist zu Ende, die Welt erhält ein Meisterwerk zurück", kommentierte Bürgermeister Paolo Fontanelli. Die Stadt hatte im Jänner 1990 einen Zusammenbruch des Turms befürchtet, als das 58 Meter hohe Marmormonument geschlossen worden war. Die Neigung war zu gefährlich geworden, um Touristen die Besteigung des Bauwerks zu erlauben, das für die Seemacht Pisa einen imperialen Traum verkörperte. Die Rettungsaktion kostete zirka 387 Millionen Schilling (28,1 Mill. Euro). Allerdings waren vier Jahre zur Überwindung bürokratischer Hürden nötig, weshalb die Arbeiten erst 1994 beginnen konnten. Dem Bauwerk wurden Metallreifen angelegt, an denen Stahlseile befestigt wurden, die von Bleigewichten gezogen waren. Danach wurde am Fundament noch Erdreich abgegraben. Damit konnte die "Torre di Pisa" eine Schräge wie vor 250 Jahren erreichen. (APA)