Brüssel/Wien - Die EU-Kommission in Brüssel hat die Vorwürfe des SPÖ-EU-Abgeordneten Herbert Bösch und des Vorsitzenden der Gewerkschaft für Privatangestellten (GPA), Hans Sallmutter, gegen die Wiener EU-Kommissionsvertretung großteils zurückgewiesen. Bösch und Sallmutter hatten am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien der EU-Kommissionsvertretung in Österreich "unhaltbare Missstände" bei der Behandlung von Mitarbeitern und der Verwendung budgetärer Mittel vorgeworfen. Daraufhin hat die EU-Kommissionsvertretung in Wien Freitag nachmittag eine Stellungnahme der Kommission in Brüssel veröffentlicht. "Bei den in der Pressekonferenz thematisierten Problemen handelt es sich um arbeitsrechtliche Fragen, die teilweise von Gerichten geklärt werden müssen", heißt es darin. Der Leiter der Wiener Kommissionsvertretung, Wolfgang Streitenberger, hat alle Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Insbesondere übe er keinen Druck gegenüber den Mitarbeitern aus, betonte er. Anlass für die Pressekonferenz sei offenbar die Suspendierung einer Mitarbeiterin gewesen, die vor einigen Jahren als Personalvertreterin gewählt worden war. Allerdings vertrete sie gar nicht alle Angestellten der Kommission, denn einige hätten sich schriftlich von ihr losgesagt, so Streitenberger. Der Rechtsstreit um die Anerkennung einer Personalvertretung nach österreichischem Recht sei derzeit in dritter Instanz anhängig, in zwei Instanzen habe die von der GPA vertretene Mitarbeiterin bisher verloren. Auch den Vorwurf angeblicher "U-Boote" weist Streitenberger zurück: "Es gab und gibt keine 'U-Boote' in der Kommissionsvertretung". Verwendung des Wortes 'Kriminalität' zurückgewiesen In 10 Punkten geht die EU-Kommission detailliert auf die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Behandlung der Mitarbeiter sowie angeblicher budgetärer Probleme ein. "Die Kommission weist die Verwendung des Wortes 'Kriminalität' in diesem Zusammenhang zurück. Bei den in der Pressekonferenz thematisierten Problemen handelt es sich um arbeitsrechtliche Fragen, die teilweise von Gerichten geklärt werden müssen", heißt es in der Stellungnahme aus Brüssel. "Die Kommission hat keine Kenntnis von 'U-Booten', die gegenwärtig in den Kommissionsvertretungen angestellt wären. Es liegt allerdings ein rechtlicher Streitfall vor, der von einem ehemaligen Werksvertragsnehmer bezüglich seines Arbeitsverhältnisses mit der Kommissionsvertretung in Wien angestrengt wurde. Dieser Fall ist bei den Gerichten anhängig und ein Erbe der Vergangenheit." Tatsächlich sei eine lokale Angestellte der Kommissionsvertretung zur Zeit suspendiert. "Diese Suspendierung erklärt sich aus der Schwere der Fakten, die ihr zur Last gelegt werden, kann aber nicht als eine Bestrafung angesehen werden", heißt es in der Stellungnahme. Die Beteiligte beziehe weiterhin ihre vollen Bezüge. Eine Anhörung werde durchgeführt, bevor eine Entscheidung über mögliche Sanktionen getroffen werde. Die Kommission weise darauf hin, dass diese Anhörung über die Verpflichtungen nach österreichischem Recht hinausgehe, da die österreichische Gesetzgebung eine Kündigung ohne Vorwarnung erlauben würde. Es sei korrekt, dass es "geringfügige Rechenfehler bei den Sozialabgaben" gegeben habe. Diese Fehler würden gerade berichtigt, in enger Abstimmung mit den zuständigen österreichischen Behörden. Erhöhte Bezüge Entgegen den Behauptungen würden die Angestellten der Kommissionsvertretung in Österreich das volle Anrecht auf gewerkschaftliche Organisation ihrer Wahl genießen. Die internen Regeln der Kommission würden eigene Mechanismen der Personalvertretung vorsehen. Die lokalen Angestellten seien darin angemessen vertreten und nützten ihr Recht auf Teilnahme an der Wahl der Personalvertreter. Der Vorrang dieser "kommissionseigenen Regeln" gegenüber dem österreichischen Arbeitsrecht sei in zwei gerichtlichen Instanzen in Österreich bestätigt worden. Die Behauptung, dass die lokalen Angestellten nicht im voraus darüber informiert worden wären, dass sie dem österreichischen Steuerrecht unterworfen sind, sei falsch. Die Arbeitsbedingungen in dem von den lokalen Angestellten unterfertigten Vertrag würden ausdrücklich vorsehen, dass die lokalen Angestellten dem nationalen Steuerregime unterworfen seien. Diese Regel gelte für alle Kommissionsvertretungen und stehe im Gegensatz zur Erklärung der lokalen Angestellten an die österreichischen Steuerbehörden, wo behauptet worden sei, die lokalen Angestellten würden ihre Einkünfte nach EU-Recht versteuern. Die Frage der retroaktiven Zahlung der Steuern sei alleinige Zuständigkeit der österreichischen Steuerbehörden. Nachdem eine Untersuchung der Kommission ergeben habe, dass die Höhe der Bezüge der lokalen Angestellten in der Kommissionsvertretung in Wien im Vergleich zum lokalen Arbeitsmarkt überhöht gewesen wären, habe die Kommission in Übereinstimmung mit ihrem "diskretionären Recht", die Bezüge anzupassen, entschieden, die Bezüge der lokalen Angestellten in Wien für die Jahre 1998-1999 einzufrieren. Das Einfrieren der Gehälter wäre ab 2000 wieder beendet gewesen, die lokalen Angestellten hätten danach wieder eine Gehaltserhöhung erhalten. Kommission für Diskussion offen Die Kommission habe sich immer für eine Diskussion offen gezeigt, ob zusätzliche Zusagen für die lokalen Angestellten gerechtfertigt seien, vor allem weil die Beamten nicht solche Zusagen bekommen würden. Betreffend der lokalen Angestellten in Österreich habe die Kommission bereits eine Zusatzversicherung gegen zeitweilige Invalidität abgeschlossen, mit der Konsequenz, dass lokale Angestellte bei vorübergehender Invalidität 100 Prozent ihres Gehalts für die ersten sechs Monate weiter bekommen würden. Diese sei eine Klausel, die viel vorteilhafter sei als die bestehende nationale Gesetzgebung. Die Frage der Pensionszusatzversicherung stehe kurz vor dem Abschluss. Auch der EU-Bürgerbeauftragte Jacob Söderman habe der Kommission in einem Schreiben vom April Folgendes mitgeteilt: "Ich bin zum Schluss gekommen, dass die von der Kommission schon gesetzten oder zu setzenden Maßnahmen zufriedenstellend erscheinen. Ich habe deshalb diesen Fall geschlossen." Zudem sei es selbstverständlich, dass jeder Bürger jegliche Betrugsvermutung der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF mitteilen könne, hieß es in der Stellungnahme der EU-Kommission. (APA)