Wien - Bei der konkursgefährdeten Buch- und Medienhandelskette Libro warten die involvierten Banken und Verhandler der Altaktionäre offensichtlich vergeblich auf ein konkretes Offert der Grazer Styria Medien AG. Styria-Chef Host Pirker sagte am Montag zum Standard: "Der derzeitige Informationsstand verlangt keine weiteren Aktionen unsererseits. Wir haben noch keinen abschließenden Befund, aber auch keinen konkreten Anhaltspunkt, dass wir uns weiter um Libro kümmern müssten." Damit ist das Schlamassel bei Libro nun perfekt. Den weiterhin im Rennen befindlichen Anbietergruppen, der schweizerischen Eurobooks- Gruppe und einem Konsortium rund um den Chef der Internetfirma Yline, Werner Böhm, und dem steirischen Industriellen und FP-Financier Ernst Hofmann, werden von Kennern der Materie "geringe Chancen" eingeräumt, den Zuschlag zu erhalten. Zeit drängt Die Zeit wird damit zum absolut entscheidenden Faktor beim Poker um Libro. "Ende Juli ist es zu spät. Da ist längst der Konkurs eröffnet", sagte ein Banker. Thomas Scheiner, Verhandler für die Libro-Anteile von Telekom Austria, Unternehms Invest AG und Deutscher Beteiligungs AG konkretisierte die verfahrene Situation: "Wir haben grob gesprochen noch drei Tage Zeit, bis wir fertig sein müssen. Es wird äußerst knapp. Wir nähern uns der Wand." Der Styria-Gruppe mit ihren Druckereien, Tageszeitungen (Die Presse, Kleine Zeitung) und der Beteiligung an Morawa wurde bis zuletzt als einzigem Konsortium die Libro- Sanierung wirklich zugetraut. Der akute Geldmittelbedarf liegt bei 1,1 Milliarden Schilling. Böhm & Co wollen oder können nur 300 Mio. S sofort bereitstellen. In der Zwischenzeit wird aber jeden Tag Geld vernichtet, und auch die Lieferantenverbindlichkeiten wachsen sich aus. Mittlerweile liegen die Passiva bei vier Mrd. S. Einigung mit Lieferanten Der Kreditschutzverband hat bisher nur die Verhandlungen im Namen der Lieferanten abgeschlossen. Die rund 850 Kleinlieferanten mit Forderungen bis 1,5 Mio. S sollen voll befriedigt werden. Rund 100 Großlieferanten, mit Forderungen von mehr als 1,5 Mio. S erhalten für Beträge, die über dieser Schwelle liegen, eine Quote von 50 Prozent. KSV-Insolvenzrechtsexperte Hans-Georg-Kantner fordert jetzt ein "klares Signal der Banken", wie es weitergehen soll. Es könne niemand an einem Konkurs interessiert sein. Hinter vorgehaltener Hand sprechen Banker von drohender "Konkursverschleppung", was strafrechtliche Relevanz hätte. Auch für die Libro- Kleinaktionäre wäre ein Konkurs nur eineinhalb Jahre nach dem Börsengang fatal. Böhm-Zuckerl Das Angebot von Böhm, den Libro-Lieferanten mit Aktien entgegenzukommen, wertet Kantner als "Zuckerl, das bestenfalls oben draufgelegt wird". Das Lieferantenpaket dürfe nicht wieder aufgeschnürt werden. Nach internen Plänen sollte bis Freitag klar sein, wem die Libro-Sanierung überantwortet wird. Ohne neue Angebote könnte wieder eine Auffanglösung durch die Banken ins Spiel gebracht werden. (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 19.6.2001)