Madrid/London - Zwei Initiativen für eine bürgerfreundliche Justiz: Die spanischen Richter wollen von den Rechts- und Staatsanwälten wissen, ob ihre Entscheidungen klar und verständlich formuliert sind. Die englischen Anwälte verordnen sich derweil ein Ratingsystem, an dem die Mandanten erkennen können, welche Kanzlei gut und welche schlecht ist. Während Anwälte in Österreich immer wieder vergeblich darüber klagen, die Urteile der heimischen Gerichte seien extrem schwer verständlich, haben Spaniens Richter nun selbst die Initiative ergriffen: Staatsanwälte und Rechtsanwälte sollen ihnen Noten von 0 bis 10 geben, so der Plan des Consejo General del Poder Judicial, des obersten Selbstverwaltungsorgans der spanischen Justiz. Fragen Gefragt wird einerseits danach, ob die Sprache und die Begriffe, die in den Entscheidungen einzelner Richter benutzt werden, auch für Mandanten verständlich sind. Mit der zweiten Frage will man herausfinden, ob die Gerichte in ihren Verfahren ausreichend von den Möglichkeiten der Mediation und des Vergleichs Gebrauch machen. Noch selbstkritischer als die spanischen Richter sind die Solicitors - also die Rechtsanwälte - in England und Wales. Deren Kammer, die Law Society, will unfähige Mitglieder künftig beim Namen nennen. Grundlage dafür soll ein Ratingsystem sein, das die Kanzleien in Risikokategorien einteilt. Ein umfassendes Assessmentprogramm soll die Qualität der Arbeit der 80.000 Pflichtmitglieder der Kammer überprüfen. Jeder Anwalt soll dadurch ein "Risiko-Rating" zwischen 1 und 5 bekommen, das veröffentlicht wird. Beschwerdeverfahren Grundlage für die Bewertung werden die Zahl überprüfter Beschwerden unzufriedener Mandanten bei der Kammer und der Ausgang von Disziplinarverfahren gegen Anwälte sein. Im Jahr 2000 hatte die Law Society 19.000 Beschwerden registriert, in denen von grober Unhöflichkeit bis zu fachlicher Inkompetenz alles moniert wurde. Da auch die Kammer selbst wegen zu komplizierter Beschwerdewege in der Kritik stand, sollen diese nun vereinfacht werden. (Jörg Wojahn, E-Mail: jorg.wojahn@derStandard.at )