Wien - "Die Rolle der Kapitalmärkte bei der Restrukturierung der europäischen Wirtschaft" stand im Mittelpunkt eines vom Unternehmensberater Roland Berger veranstalteten Symposiums in Wien. Drei prominente Referenten näherten sich dem Thema am Montag Abend von unterschiedlichen Seiten: HypoVereinsbank-Vorstandssprecher Albrecht Schmidt, Unternehmenserater Roland Berger und OMV-Vize-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer. Grundtenor: Die Bedeutung der Finanzmärkte auf Unternehmen und Volkswirtschaften ist kaum zu überschätzen und wesentlicher Motor des gegenwärtigen Strukturwandels. HVB-Chef Schmidt ging in seinem Vortrag auf die sich wandelnden Beziehungen zwischen Kapitalmärkten, Banken und Unternehmen ein. Finanzmärkte seien der Motor des Strukturwandels, unterstrich Schmidt, der insbesondere den Unterschied zwischen kontinentaleuropäischen und angelsächsischen Banken herausarbeitete: Sehen sich erstere - besonders in Deutschland und Österreich - historisch als Intermediäre zwischen Schuldnern und Gläubigern, so profilierten sich angelsächische Institute stark als Spezialisten für den Kapitalmarkt. Schmidt widersprach Bill Gates' These, Banking sei notwendig, Banken dagegen nicht: Beide hätten ihre Berechtigung, solange sie mit passender Story und Rendite ihre "Zukunftsfähigkeit" unter Beweis stellten. Volkswirtschaften müssten Prioritäten ändern Der Unternehmensberater Roland Berger zeigte die Rolle der Kapitalmärkte als "Treiber des Strukturwandels von Unternehmen und Volkswirtschaften" auf. Die Kapitalmärkte weltweit übten einerseits Druck auf Unternehmen aus, zugleich honorierten sie Entwicklungen wie Liberalisierung, Innovation, Marktführerschaft in relevanten Märkten, Konzentrationsprozesse. Bergers Grundthese: Die Finanzmärkte seien Treiber des Wandels von Industrie- zu wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaften. In der Folge müssten auch Volkswirtschaften ihre Prioritäten ändern, Voraussetzung sei der freie Kapitalverkehr. OMV-Vizegeneraldirektor Wolfgang Ruttenstorfer zog historische Parallelen zwischen heutigen Liberalisierungsprozessen und der österreichisch-ungarischen Monarchie vor mehr als 100 Jahren: Die Eisenbahn habe damals einen ähnlichen Boom ausgelöst wie vor kurzem die Internet-Unternehmen, auch die Börse habe damals einen sensationellen Aufschwung genommen. Dann sei es aber zu Rückschlägen gekommen. Erst jetzt nach dem EU-Beitritt erfahre die heimische Wirtschaft wieder eine langsame Öffnung, die noch nicht abgeschlossen sei. In Zwischenkriegs- und in der Nachkriegszeit habe die österreichische Industriepolitik Fehler begangen, so Ruttenstorfer. Möglicherweise habe man zu lange an der Verstaatlichung fest gehalten. Die EU-Integration samt Osterweiterung seien für Österreich eine große Chance, durch Strukturwandel Wert zu schaffen, sagte der vormalige Staatssekretär im Finanzministerium. (APA)