Kuba
Kuba: Rettung durch das "süße Gold"
Intensivere Zuckerrohr- Nutzung könnte Einnahmen verfünffachen
Havanna - In Kuba haben anhaltend geringe
Zuckerrohrernten, hohe Subventionen für Rübenbauern in der EU und
schwankende Weltmarktpreise für Zucker alte Pläne zur verstärkten
Nutzung der Zuckerrohr-Nebenprodukte aufleben lassen.
Erstmals diskutiert wurden die Nutzungsmöglichkeiten der
Nebenprodukte 1997. Nach jüngsten Schätzungen könnte ihre
intensivere Nutzung die Einnahmen der kubanischen
Zuckerproduzenten verfünffachen. Für die älteste kubanische
Industrie wäre das die Rettung. Klima- und Bodenbedingungen haben
in den letzten Jahren zu Ernten weit unter den eigentlichen
Kapazitäten geführt.
Erträge sinken jährlich
Theoretisch kann der Karibikstaat im Jahr zehn Millionen Tonnen
Rohrzucker produzieren. Schon in den 1980er Jahren aber lagen die
jährlichen Erträge im Schnitt bei sieben Millionen Tonnen, und sie
sind noch weiter gesunken. 1995 produzierte Kuba 3,2 Millionen
Tonnen Zucker, 1999/2000 4,05 Millionen Tonnen, und auch 2000/2001
dürften es kaum mehr als 3,5 Millionen Tonnen werden.
In dieser Situation haben sich Experten an die Nebenprodukte
bei der Zuckerherstellung erinnert, die der für ihre Vermarktung
zuständigen Firma 'Tecnoazucar' schon im letzten Jahr 1,3
Millionen Dollar eingebracht haben. Noch in diesem Jahr könnte der
Betrieb seine Einnahmen um 1,6 Prozent steigern, wenn Kuba in die
weitere Diversifizierung einsteigt.
Papier aus Zucker
Die Liste der möglichen Nutzung der Nebenprodukte ist lang. So
kann der aus Zuckerrohr gewonnene Alkohol nicht nur als Rum und
Arrak getrunken werden, sondern auch in der Herstellung von
Fasern, Farben, Lacken und Plastikstoffen zum Einsatz kommen. Die
zellulosehaltigen Rückstände bei der Verarbeitung der Halme, die
so genannte Bagasse, wiederum bietet sich zur Produktion von
Papier und Pappe an. In diesem Bereich allerdings ist Kuba schon
seit längerer Zeit aktiv.
Seit rund 20 Jahren befasst sich der Verband für Forschung und
Produktion mit der Weiterverarbeitung der Bagasse. Das auch 'Cuba
9' genannte Unternehmen, das mit Förderung des UN-
Entwicklungsprogramms (UNDP) gegründet wurde, stellt unter anderem
Filter her, die für Transformatorenöle, aber auch in der
Produktion des kubanischen Hepatitis-B-Impfstoffs zum Einsatz
kommen. Auch produziert das Unternehmen das Medikament 'Ligmed A',
das Durchfallerkrankungen bei Schweinen binnen 48 Stunden fast
nebenwirkungslos kuriert.
Offene Kapazitäten
Jüngeren Datums ist ein ebenfalls UNDP-gefördertes Projekt, das
die Energiegewinnung aus der Bagasseverbrennung rund ums Jahr
sichern soll. Zur Zeit liefern die kubanischen Zuckerfabriken nur
in der Zeit von Dezember bis April/Mai Biomassestrom: 27
Kilowattstunden pro Tonne Biomasse. Experimente in der Melanio-
Hernandez-Zuckerfarbik in der Provinz Sancti Spiritus, etwa 350
Kilometer von Havanna entfernt, haben jedoch gezeigt, dass die
Kleinkraftwerke das ganze Jahr laufen könnten.
Nötig wäre der Anbau einer anderen Zuckerrohrart. Schätzungen
zufolge könnten bei ihrer Weiterverarbeitung 30 Kilowattstunden
Strom pro Tonne Biomasse anfallen und die Alkoholproduktion von
gegenwärtig 650 Hektoliter am Tag auf 1.000 Hektoliter gesteigert
werden. (IPS)