Belgrad - Die Belgrader Zeitschrift "Vreme" bringt in ihrer jüngsten Ausgabe die Aussage eines anonymen Mannes, der während der NATO-Luftangriffe gegen Jugoslawien vor zwei Jahren auch einen Kühlwagen mit 86 Leichen aus dem Kosovo in die ostserbische Kleinstadt Bor befördert haben soll. Es dürfte sich dabei um jenen Kühlwagen handeln, der im April 1999 unweit der ostserbischen Stadt Kladovo in der Donau entdeckt, von den damaligen Behörden sofort zum Staatsgeheimnis erklärt und wieder verschwunden war. Der Mann, der im Frühjahr 1999 als Reservist in Bor mobilisiert worden war, soll zuerst nicht gewusst haben, welche Last er zu befördern hatte. Auf der Frachtliste soll nur "vertraulich" gestanden haben. Nachdem er Verdacht geschöpft hatte, soll er den Kühlwagen geöffnet und Fotos vom Inhalt gemacht haben. Demnach sei der Kühlwagen voller Leichen gewesen. Es soll sich um 86 Personen, mehrheitlich Zivilisten, gehandelt haben. Der Augenzeuge war danach laut "Vreme" in den bosnisch-serbischen Landesteil und weiter nach Kroatien geflüchtet, wo er mit diplomatischen Kreisen um das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien in Kontakt getreten war. Er soll zur Zeit als geschützter Augenzeuge in einem westeuropäischen Staat leben. In einem Massengrab im Belgrader Vorort Batajnica wurden laut Medienberichten bis jetzt 18 Leichen ausgegraben, die vermutlich aus dem Wagen stammen. Nach ersten Erkenntnissen dürften sich im Grab allerdings nicht 86 Leichen befinden, wie zuerst angenommen. Der serbische Innenminister Dusan Mihajlovic erklärte, dass es "seriöse Indizien" über die Existenz eines dritten Massengrabes gebe. Ein zweites Massengrab war letzte Woche unweit der ostserbischen Stadt Kladovo entdeckt worden. (APA)