International
108 Länder verzichten auf die Todesstrafe
Straßburg - Mehr als die Hälfte aller Staaten haben die Todesstrafe abgeschafft oder verzichten auf ihre Anwendung. Nach Angaben des Ersten Weltkongresses gegen die Todesstrafe in Straßburg finden in 108 der 195 erfassten Staaten keine Hinrichtungen mehr statt. 75 Länder hätten die Todesstrafe gänzlich abgeschafft, in 13 seien Todesurteile nur noch in bestimmten Fällen erlaubt. 22 Länder hätten die Todesstrafe zwar noch in Ihren Gesetzbüchern, hätten jedoch in den letzten zehn Jahren keinerlei Exekutionen durchgeführt, so die Information auf der Internetseite der Konferenz.
Vorreiter im Kampf gegen die Todesstrafe war der Europarat, der von seinen Mitgliedern die Abschaffung der Todesstrafe fordert. Nur drei der 43 Europaratsländer kamen dem bisher nicht nach: Russland, Armenien und die Türkei. Sie halten aber bereits seit mehreren Jahren Moratorien für Hinrichtungen ein.
In Österreich fand die letzte Hinrichtung 1950 statt. Die Todesstrafe wurde 1968 abgeschafft.
Von den 87 Ländern, die noch regelmäßig Todesurteile verhängen und vollstrecken, befinden sich die meisten in Afrika, Asien und im Nahen Osten. Nach Angaben der Konferenz wurden im Jahr 2000 mindestens 1457 Verurteilte in 28 Ländern hingerichtet, 3058 Angeklagte wurden in 65 Ländern zum Tode verurteilt. Tatsächlich seien die Zahlen aber vermutlich viel höher, meinen Experten von Amnesty International.
"Spitzenreiter" China
"Spitzenreiter" in der blutigen Bilanz sind Saudi-Arabien, der Iran, die Volksrepublik China und die USA. Auf diese vier Staaten entfielen im vergangenen Jahr 88 Prozent der Hinrichtungen. In China allein seien zumindest 1000 Personen hingerichtet worden. Im Iran wurde 75 Exekutionen, in Saudi-Arabien 123 und in den USA 85 Hinrichtungen bekannt.
Außerdem verletzten seit 1990 sieben Staaten internationale Bestimmungen, wonach minderjährige Straftäter nicht hingerichtet werden dürfen: Saudiarabien, Iran, Nigeria, Yemen, Pakistan, die Republik Kongo - und die USA.
Sonderfall USA
Die USA bilden einen Sonderfall: Sie haben die Todesstrafe 1977 - gegen den Trend in anderen Demokratien - wieder eingeführt. Heute halten sie als einziges demokratisches Land neben Japan daran fest. Seit Wiedereinführung der Strafe 1977 wurden in den USA mehr als 700 Menschen hingerichtet. In den letzten Jahren nahm die Zahl der Hinrichtungen ständig zu. Jüngsten Umfragen zufolge sind fast 70 Prozent der US-Bürger gegen eine Abschaffung der Todesstrafe.
Allmählich kommt in der US-Öffentlichkeit eine Debatte über die Todesstrafe in Gang. Dazu beigetragen haben eine Reihe von aufgedeckten Justizirrtümern sowie die Hinrichtungen von Todeskandidaten, die zum Zeitpunkt der Tat minderjährig oder geistig nicht voll zurechnungsfähig waren. Unterdessen plädiert Präsident George W. Bush dafür, geistig Behinderte nicht mehr hinzurichten. (APA/Reuters/dpa)