Berlin - Die Chefanklägerin des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, Carla Del Ponte, und der deutsche Außenminister Joschka Fischer erwarten von der Regierung in Belgrad nach wie vor die Auslieferung des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Sie warte "täglich" auf die Überstellung von Milosevic, erklärte Del Ponte nach einem Treffen mit Fischer in Berlin am Donnerstag. "Wir erwarten, dass die demokratischen Regierungen in Jugoslawien und Serbien mit Den Haag voll kooperieren", sagte Fischer. Es könne keine unterschiedlichen Standards für die Nachfolgerepubliken des ehemaligen Jugoslawiens geben. Del Ponte sagte, in den Beziehungen zwischen Belgrad und dem Internationalen Gerichtshof sei eine neue Phase eingeläutet worden. Gerüchte, dass eine Auslieferung Milosevics in nächster Zeit bevorstehe, wollten beide nicht bestätigen. Von einem konkreten Termin wisse sie nichts. Auch Fischer betonte, das Gerücht höre er zum ersten Mal. "Strengstes Geheimnis" Der frühere jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic könnte nach Angaben der montenegrinischen Tageszeitung "Dan" schon am kommenden Wochenende an das UNO-Kriegsverbrechertribunal nach Den Haag überstellt werden. "Dan" berichtete, dass diese Möglichkeit von einzelnen DOS-Politikern als "strengstes Geheimnis" gehütet werde. Dem Bericht zufolge sind alle einschlägigen serbischen Behörden bereits in Alarmbereitschaft versetzt worden. Milosevic, der im Mai 1999 wegen Kriegsverbrechen im Kosovo vom Tribunal angeklagt worden war, befindet sich seit 1. April in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen wegen Amtsmissbrauches und Finanzmachenschaften waren am vergangenen Freitag abgeschlossen worden. Das montenegrinische Blatt steht der Sozialistischen Volkspartei (SNP) nahe, die sich einer Überstellung an das Tribunal widersetzt. Der serbische Ministerpräsident Zoran Djindjic hatte am Donnerstag bestritten, dass es Pläne für eine Überstellung von Milosevic an das Tribunal gebe. Die DOS-Spitze hatte am Donnerstag über mögliche Formen der Zusammenarbeit mit dem Tribunal beraten und die Fortsetzung der Beratungen angekündigt. Der Versuch, die Zusammenarbeit durch ein Gesetz zu regeln, war zuvor am Widerstand der SNP-Führung gescheitert. (APA/AP)