Am 26. Juni 1991, am Tag nach der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens, griff die jugoslawische Volksarmee die abtrünnige Republik an und versuchte, dabei auch die Grenzstationen zu Österreich einzunehmen. Am 27. Juni ordnete der damalige Verteidigungsminister Werner Fasslabend einen Sicherungseinsatz des Bundesheeres an der kärntnerischen und steirischen Grenze zu Jugoslawien an, der schon am nächsten Tag begann, insgesamt waren rund 7.500 Soldaten im Einsatz. Militärische Szenarien für diesen Fall waren in Österreich schon seit Jahren in Ausarbeitung. So hatte man damals sogar eine mögliche Gefahr für Österreich durch jugoslawische Gastarbeiter überlegt, alles auf Basis der "Spannocchi-Doktrin", dem damaligen Raumverteidigungskonzept, das auf die damalige Situation an der Grenze nicht anwendbar gewesen sei, erklärt Manfried Rauchensteiner, Militärhistoriker und Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums. Rauchensteiner weist darauf hin, dass die Regierung sich damals für den Einsatz von frisch eingerückten Grundwehrdienern entschieden hatte, um keine Mobilmachung vornehmen zu müssen: "Ein ausgebildeter Bundesheerjahrgang wurde nach Hause geschickt". Eine Mobilmachung in Österreich wäre damals international als "Eskalierungsschritt" aufgefasst worden. Vor allem die österreichischen Milizsoldaten hätten den Einsatz von Grundwehrdienern und die Verweigerung der Mobilmachung als Desavouierung aufgefasst und ihren Unmut deutlich zum Ausdruck gebracht, erinnert der Historiker. Eine Mobilmachung wäre aber de facto unmöglich gewesen, weil das zweite Armeekorps in Graz dem Ersten Korps zugezogen worden war und wichtige militärische Schlüsselpositionen nicht besetzt werden konnten, erklärt Rauchensteiner. Zusätzlich sei damals von Fasslabend das Armeekommando aufgelöst worden: "Ich gehe davon aus, das etwas, was schon längere Zeit vorbereitet gewesen ist, gerade in der Situation durchgeführt wurde, um wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Eine sehr österreichische Lösung", meint Rauchensteiner. Nach rund einem Monat war der Einsatz vorbei, die einzigen gravierenden Zwischenfälle war das Eindringen von jugoslawischen Kampfjets in den österreichischen Luftraum. "Jugo-Bomber über Graz" titelte damals ein Kleinformat. (plo, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 23.6.2001)