Hannover - Ein neuer Forschungszweig eröffnet den Weg zur schnelleren Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente: "Pharmaka- und Toxikogenomics". Forschungsziel ist neben der Entwicklung neuartiger Biochips der Aufbau von Datenbanken, die wesentlich zum Verständnis von pharmakologischen und toxikologischen Vorgängen im menschlichen und tierischen Organismus beitragen, berichtet das Fraunhofer-Institut. Die Pharmakogenetiker interessieren sich vor allem für jene DNA-Variationen, die krankheitsrelevant sind. Ziel ist es, herauszufinden, wie der einzelne Mensch Arzneistoffe verarbeitet, ob ihm bestimmte Stoffe helfen oder schaden. Das eröffnet den Weg zu einer maßgeschneiderten Therapie. Wenn Medikamente auf Patienten mit einem bestimmten genetischen Profil zugeschnitten sind, kann der Arzt mit einem einfachen Test ermitteln, welche Arznei dem jeweiligen Patienten am besten hilft und wie sie optimal dosiert wird. In einem ersten Schritt wollen die Forscher prüfen, ob sich mit einer genau definierten Gruppe von Zielgenen toxische Wirkungen von Medikamenten vorhergesagen lassen. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um schon in einem sehr frühen Stadium - weit vor einer erkennbar organischen Erkrankung - zu ermitteln, welches therapeutische oder toxische Potenzial in einem Arzneistoff steckt. Bei bekannten Arzneimitteln können Risikogruppen genau bestimmt werden, bei Neuentwicklungen lassen sich problembelastete Wirkstoffkandidaten frühzeitig ausschließen. Ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsprogramms ist die Entwicklung eines Klassifizierungssystems, mit dem vorhergesagt werden kann, welche Chemikalien kanzerogen sind. Voraussetzung ist die Erkenntnis, dass in Tumorgeweben die Erscheinungsform bestimmter Gene verändert ist - mit charakteristischen Veränderungen während der verschiedenen Stadien der Tumorbildung. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Kenntnis der entsprechenden Genmuster fundamental neue Informationen bringen und wesentlich zum Verständnis des Wirkmechanismus der Kanzerogene beitragen wird. Die molekularen Fingerabdrücke sollen in der größten europäischen Datenbank für toxikologische Genprofile gespeichert werden. Damit entsteht ein umfassendes und effektives Prüfwerkzeug für das schnelle Wirkstoffscreening. Menschen reagieren verschieden auf Medikamente. Was dem einen hilft, kann dem anderen schaden. Mitunter wirken Arzneimittel auch gar nicht. Winzige Differenzen im Erbgut bewirken direkt oder indirekt, wie anfällig der einzelne für Krankheiten ist und wie er Substanzen im Körper verarbeitet. Zu diesen genetischen kommen epigenetische Faktoren. Das sind die im Laufe des Lebens erworbenen Veränderungen der Genaktivität. Eine genetische Veranlagung allein muss nicht krank machen, meist kommen weitere Auslöser hinzu - durch Ernährung etwa und Umwelteinwirkungen. Gerade chronisch-degenerative Krankheiten entwickeln sich oft über Jahrzehnte. Im Krankheitsverlauf ändert sich dann die Aktivität der Gene. Kennt man das Zusammenspiel der genetischen und umwelterzeugten Faktoren, kann man Krankheiten gezielt vorbeugen. (pte)