Frankfurt - Der deutsche Außenminister Joschka Fischer will die politische Integration Europas forcieren. Falls sich nicht alle EU-Staaten an der politischen Vereinigung beteiligen wollten, müsse eine Avantgarde den ersten Schritt machen, sagte der Grünen-Politiker am Freitag in der Frankfurter Paulskirche. Bei der Podiumsdiskussion bekräftigte Fischer seine Vorstellungen dazu: An die Stelle des Europaparlaments sollte ein Zweikammerparlament treten; die Exekutive sollte auf den EU-Rat - die Staats- und Regierungschefs - und die EU-Kommission übergehen. Ein föderales System sei im Augenblick unrealistisch, erklärte der Minister. Dies wolle außer Deutschland offenbar niemand. Deshalb plädiere er für einen Zwischenschritt mit doppeltem Element - dem der Nationalstaaten und dem der Europäischen Union. Ziel sei die "Föderation der Nationalstaaten", in der genau festgelegt sei, welche Entscheidungen wo getroffen würden. "Dort könnten wir Ende des Jahrzehnts landen", sagte Fischer. "Vorher wird es aber noch gewaltig rütteln und schütteln." Er sagte eine schwierige Regierungskonferenz vor der EU-Osterweiterung 2004 voraus. Volksabstimmung über europäische Verfassung Der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit schlug eine Volksabstimmung über eine europäische Verfassung in allen EU-Staaten vor. Dabei müssten die Bürger klar vor die Alternative gestellt werden: "Wollen wir nun dabei sein oder nicht?" Auch die Engländer müssten sich mal entscheiden, erklärte er kritisch in Richtung London. An der Podiumsdiskussion zum Thema europäische Verfassung nahmen auch die belgische Vizeregierungschefin Isabelle Durant und der polnische Publizist Adam Michnik teil. Durant, deren Regierung am 1. Juli turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, kündigte verstärkt Anstrengungen in Richtung einer politischen Integration an. Michnik mahnte eine rasche EU-Osterweiterung an: Der Zeitpunkt sei günstig, niemand wisse, wie sich die politische Situation in Ländern wie zum Beispiel der Ukraine entwickle. (APA/AP)