Was für Gottfried Benn schlimm war: "Bei Hitze ein Bier zu sehen, das man nicht bezahlen kann", oder "sehr schlimm: eingeladen zu sein, wenn zu Hause die Räume stiller, der Café besser und keine Unterhaltung nötig ist". Wie Samuel Beckett einmal von "mehr bis minder schönen Frauen" träumte: "Ach Florence, Florence, betreffs der schorfigen Abschälung meiner breiig pusteligen Pocken informiere den Mediziner. Bestäub mich, Florence, mit Veilchen- und Stärkepuder. Reib mich mit Weingeist und Cognac ab. Sieh nur, wie der Lackmus absinkt durch meine Inkontinenz. Leg mich in ein Luftbett. Heb mich etwas an. Schieb mir das Zwischenlaken unter. Zieh das Oberleintuch an. (...) Ich werde nicht gern gestört. Ich kann Heiligkeit nicht ertragen. Man hat mich an den Bettlaken zerren sehen. Das ist das Ende ..." Aus dem Film "Almoust Famous": "Freut mich ja, dass du zu Haus' bist", murmelte William und will ablenken. "Ich bin immer zu Hause", antwortete Bangs, "weil ich nicht cool bin. Große Kunst machen nicht die, die gut aussehen und alles im Griff haben. Große Kunst verdanken wir denen, die immer ein Problem mit Mädchen haben werden. Wir verdanken sie denen, die nicht cool sind." Hubert Winter hat eine Ausstellung gemacht, eine Ausstellung in progress. Er widmet sie einem Nachbarn, dessen Fortschritt schon beinahe vorbei ist - dem Museumsquartier. Am 9. Juni fand eine Eröffnung im MQ statt, die bei den Eröffnungen sonder Zahl, die selbstauserwählte Mieter schon abhielten, ein klein wenig unterging: der Durchgang MQ-Breite Gasse ist offen. Und damit die Anbindung. Denn durch diese Breite Gasse wird kommen, wer maschekseitig das Quartier betritt, oder dort, von anderswo kommend, wieder ausgeschieden wird. Und dort eben ist die Galerie Hubert Winter, eine kleine Erweiterung des Quartierbegriffs. "MP, MQ and others" heißt die Schau. Und obige Zitate sind in der Reihenfolge ihrer Niederschrift Artefakten von Andrea Pesendorfer, Richard Tuttle und Lawrence Poons als Bildlegenden zugedacht. Bis 1. September werden laufend Werke aus dem Fundus der Galerie - die ja, der ältere Mensch wird sich vielleicht erinnern, ihren Ursprung in der Liebe zum gedruckten Wort hat - mit Zitaten in Verbindung gebracht, die den Kunsthistoriker ängstigen, weiteren Denkapparaten aber Wonne bereiten werden. Was der Titel soll? Winter schlägt für "MP": market place, most pleasent, more pleasure oder Marmeladepreis vor. "MQ" lässt er offen: Massenquartier, Mischqualität, matte Querelen, melancholische Quader, majestätische Quote, Mutterqualle. 7., Breite Gasse 17, Tel. (01) 524 09 76 Bis 1. September Im Schatten des Grazer Uhrturmes begann 1992 eine Weltkarriere. Von hier aus eroberte Nobuyoshi Araki den Globus und über den Taschen-Verlag auch dessen weniger kunstsinnige Einwohner. Die erste Einzelausstellung des Chronisten aus Tokyo außerhalb Japans, ja seine erste Retrospektive überhaupt, sollte an der Mur stattfinden. Die "Camera Austria" hat damals ermöglicht, was heute zurecht als legendär gilt. Und Araki hat nicht vergessen: Kürzlich vermachte er dem "Projekt Camera Austria" alle 123 Fotografien und 50 Künstlerbücher seiner Initiationsschau. Weshalb sich jetzt nachholen lässt, was 1992 nicht so wichtig erschien.
8010 Graz, Sparkassenplatz 2, (0316) 815 550 14. Eröffnung 28. 6.
18.00 (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. 6. 2001)