Wien - Die Regierung in Mazedonien muss im Konflikt mit albanischen Extremisten "Bereitschaft zur Annäherung" zeigen. Diese Forderung erhob der Präsident der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK), Ibrahim Rugova, in Wien. "So lange die bewaffneten Kräfte nicht als Gesprächspartner akzeptiert werden, desto länger wird dieser Konflikt dauern, und davor habe ich Angst", sagte Rugova. EU und NATO seien aufgerufen, der Regierung in Skopje "klipp und klar" zu sagen, dass sie sich "bewegen" müsse. "Sie muss überzeugt werden, dass sie die Forderungen der Albaner in Mazedonien erfüllt", erklärte Rugova, der im Kosovo jahrelang den gewaltfreien Widerstand der Albaner gegen die serbische Unterdrückung geführt hatte. "Es sind keine drastischen Forderungen an die mazedonische Demokratie, wenn die Albaner mehr Kompetenz in der Lokalverwaltung fordern und stärker in die sozialen und staatlichen Strukturen eingebunden werden wollen." Es sei auch an der Zeit, Albanisch durch eine Verfassungsänderung zur zweiten Amtssprache in Mazedonien aufzuwerten, erklärte Rugova. Erst wenn die mazedonische Regierung diese Wünsche erfülle, werde sich die Lage beruhigen. "Dann kann die NATO die Extremisten entwaffnen." Im Kosovo, so der LDK-Chef, herrsche bereits Angst, dass es in Mazedonien zu ethnischen Säuberungen an Albanern kommen könne. "Ich weiß nicht, ob die Regierung das vorhat, aber es gibt extremistische slawische Gruppen, die das möglicherweise wollen." Im Kosovo seien bereits mehr als 50.000 albanische Flüchtlinge aus Mazedonien eingetroffen. Zum künftigen Status des Kosovo sagte Rugova, auch eine mögliche Auslieferung des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic an das Haager Tribunal werde an der Forderung nach Unabhängigkeit nichts ändern. "Wir gehen unseren Weg weiter", erklärte der gemäßigte Albaner-Führer, "je schneller das Kosovo souverän wird, desto schneller stabilisiert sich die ganze Region." Die jüngsten Entwicklungen in Serbien betrachtet Rugova positiv: "Wir wünschen uns ein demokratisches Serbien, weil es besser ist, einen demokratischen Nachbarn zu haben". Doch gebe es genügend Probleme. "Es gibt immer noch Kosovaren in serbischen Gefängnissen, das macht die Situation besonders für die Familien schwer." Dass in Serbien jüngst eine Diskussion über Verbrechen während des Kosovo-Konflikts eingesetzt habe, sei jedoch möglicherweise ein erster Schritt in die richtige Richtung: "Wenn sich die Serben für die Integration in Europa entschieden haben, wird es notwendig sein, Vergangenheitsbewältigung zu betreiben." Im Kosovo selbst seien in den vergangenen zwei Jahren erhebliche Fortschritte auf Verwaltungs- und Sicherheitsebene gemacht worden. "Die lokale Polizei arbeitet gut mit der UNMIK zusammen, auch kosovarische Richter haben schon ihre Arbeit aufgenommen." Kritik an der Situation der Serben im Kosovo wies Rugova zurück. "Wir sind daran interessiert, dass die Serben bessere Bedingungen bekommen. Derzeit arbeiten wir daran, jenen, die in Enklaven leben, mehr Bewegungsraum zu geben." Unterstützung gebe es auch in Fragen der Flüchtlingsrückkehr. "Wir wünschen eine Rückkehr von allen, die es wollen. Ein Teil ist weggegangen, weil er Angst hatte. Unter den geflüchteten Serben gibt es aber auch viele, die Blut an den Händen haben und gar nicht an eine Rückkehr denken." Der vor einigen Wochen von der UNO-Verwaltung (UNMIK) vorgestellte Verfassungsrahmen gewähre allen ethnischen Gruppierungen "breite Rechte", stellte Rugova fest. So werden im künftigen Kosovo-Parlament, das am 17. November gewählt wird, 20 der insgesamt 120 Sitze für ethnische Minderheiten reserviert. "Zehn davon gehören den Serben, das ist mehr, als die ethnische Struktur des Kosovo verlangen würde. Hier hat es nie mehr als 200.000 Serben gegeben." Rugova gilt als Symbol des gewaltlosen Widerstands im Kosovo. Der Literaturwissenschafter war von der albanischen Bevölkerungsmehrheit der südserbischen Provinz zwei Mal - in von den serbischen Behörden für illegal erklärten Abstimmungen - zum Kosovo-Präsidenten gewählt worden. Seine Politik ging in Folge immer mehr in der Eskalation von Gewalt und Terror unter. Rätselraten löste im April 1999 kurz nach Beginn des NATO-Luftkrieges ein überraschendes Treffen mit Milosevic aus. Bei den Kommunalwahlen im vergangenen Oktober setzte sich Rugovas LDK aber überraschend klar gegen die PDK von Hashim Thaci durch. Die PDK ist die Nachfolgepartei der albanischen "Kosovo-Befreiungsarmee" UCK. (APA)