Wien - Freundschaft und Familie stehen bei der jungen Generation hoch im Kurs, "traditionelle" Politik und kirchliche Religion dagegen auf dem Verliererposten. Das sind die Ergebnisse der "Jugend-Wertestudie" des Österreichischen Instituts für Jugendforschung (ÖIJ), des Ludwig Boltzmann-Instituts für Werteforschuung (LBI) und des Instituts für Pastoraltheologie der Universität Wien (IPT). Die Meinungserhebung wurde 1990 erstmals durchgeführt, im Sommer 2000 befragte Fessel & GfK erneut 1.000 14- bis 24-Jährige. Die Daten zeigen, dass die Bedeutung der Familie stabil geblieben ist (1990: 67 Prozent/2000: 69 Prozent). Der Stellenwert von Freunden ist in diesem Zeitraum noch angewachsen (54/73 Prozent). Die Arbeit ist für 47 Prozent "sehr wichtig" (1990: 42 Prozent), Freizeit rangiert bei 61 Prozent (59 Prozent). Treue und Toleranz in der Beziehungs-Tabelle ganz oben Politik hingegen reihten nur sieben Prozent unter die wichtigen Lebensbereiche, aber immerhin um drei Prozentpunkte mehr als 1990. Religion wurde von sechs Prozent genannt, vor zehn Jahren waren es acht Prozent gewesen. Von einer "Single-Gesellschaft" konnten die Studienautoren nicht viel ausmachen. Fixe Paarbeziehungen seien den Jugendlichen wichtig. Die Perspektive, "möglichst bald" eine Familie mit Kindern zu gründen, ist allerdings nur für eine Minderheit attraktiv. Während 1990 noch rund jeder zweite Befragte der Ansicht war, dass Kinder ein wichtiges Kriterium für eine funktionierende Lebensgemeinschaft sind, glauben das heute nur noch 27 Prozent. Ganz oben in der Beziehungs-Wertetabelle stehen Treue und Toleranz. 42 Prozent sind "religiös" 42 Prozent der Jugendlichen bezeichneten sich als "religiöse Menschen", neun Prozentpunkte weniger als 1990. Immer mehr kommen dabei allerdings ohne den christlichen Gott aus, konstatieren die Studienautoren und sprechen von "postchristlicher Religiosität". Regelmäßiger Kirchenbesuch steht nur noch bei rund neun Prozent auf dem Programm und hat sich somit fast halbiert (1990: 18 Prozent). Auch das Interesse an Politik - gemeint sind Parteien, Verhandlungen, Parlament - sei "nicht besonders groß". Nur elf Prozent interessieren sich "sehr stark", weitere 34 Prozent "etwas". Die Mehrheit hat für Politik kaum etwas (27 Prozent) oder gar nichts übrig (26 Prozent). Daran hat sich seit 1990 nicht viel geändert. Rund ein Viertel sehnt sich nach einem "starken Mann"! Demokratiepolitischen Handlungsbedarf zeigt die Frage nach dem bevorzugten politischen System auf: Nur 80 Prozent sehen in der Demokratie die beste Staatsform (bei Erwachsenen sind es über 90 Prozent). Rund ein Viertel wünscht sich laut Studie einen "starken Mann" als Führer, der sich nicht um ein Parlament kümmern muss. Sechs Prozent der Jugendlichen finden diese Vorstellung "sehr gut" (Erwachsene 16 Prozent), 18 Prozent "eher gut" (Erwachsene vier Prozent). Für eine "Expertokratie" können sich gleich 57 Prozent erwärmen. (APA)