Wien/New York - Mädchen und junge Frauen in Entwicklungsländern sind besonders von Aids bedroht. Unter 15- bis 24-Jährigen ist der Anteil der infizierten Mädchen und Frauen doppelt so hoch wie der ihrer männlichen Altersgenossen. Darauf machte UNICEF am Montag anlässlich der UNO-Sondersitzung zu Aids in New York aufmerksam. Im südlichen Afrika kommen auf 10,1 Millionen HIV-positive Männer 12,2 Millionen Frauen. UNICEF rief dazu auf, Mittel aus dem neu gegründeten Aids-Fonds der Vereinten Nationen gezielt dazu einzusetzen, Mädchen und Frauen aufzuklären und ihre anhaltende Diskriminierung - zum Beispiel beim Schulbesuch - zu beenden. Massive Beanchteiligung der Mädchen im Bildungssystem Frauen haben nicht nur ein höheres Infektionsrisiko. Sie stecken sich auch in einem jüngeren Alter an. In Botswana beispielsweise sind etwa 30 Prozent der 15- bis 24-jährigen Mädchen und Frauen infiziert - gegenüber 14 Prozent ihrer männlichen Altersgenossen. In Indien kommen in dieser Altersgruppe auf 340.000 infizierte Männer 570.000 infizierte Frauen. Vor allem Unwissenheit und Diskriminierung sind die Ursachen für die geschlechtsspezifische Ausbreitung von Aids. In Tansania weiß die Hälfte aller Mädchen (15 bis 19 Jahre) nicht, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen können. Bei den Buben konnten etwa 30 Prozent diese Frage nicht beantworten. Eine Umfrage in 34 Entwicklungsländern ergab, dass in 15 Staaten über die Hälfte der Mädchen keine Ahnung hatte, dass ein gesund aussehender Mensch HIV-positiv sein und damit das Virus auch auf andere übertragen kann. Ursache dieses Informationsdefizits ist laut UNICEF die massive Benachteiligung der Mädchen beim Schulbesuch und beim Zugang zu Informationen. Soziale Strukturen erschweren Veränderungen Ihre niedrigere soziale Stellung macht es den Frauen schwer, in Fragen der Sexualität über sich selbst zu bestimmen und den Gebrauch von Kondomen durchzusetzen. Viele stecken sich auch bei ihren Ehemännern an. Bei einer Befragung von HIV-positiven Frauen in der südindischen Stadt Pune gaben mehr als 90 Prozent an, nur mit ihrem Ehemann sexuellen Kontakt gehabt zu haben. Untersuchungen aus Guatemala, Nicaragua, Simbabwe und Thailand zeigen, dass bei Männern außereheliche Beziehungen als Ausdruck echter Stärke angesehen werden, so UNICEF. Missbrauch und Gewalt sind für eine wachsende Zahl der Neuinfektionen verantwortlich. Überall auf der Welt ist die Nachfrage nach minderjährigen Prostituierten gestiegen. Denn viele Männer glauben, dass bei jungen Prostituierten das Ansteckungsrisiko niedriger sei. Untersuchungen in Indien zeigen die Folgen der Ausbeutung: Mitte der neunziger Jahre waren 25 Prozent der jungen Prostituierten HIV-positiv. 1997 lag die Infektionsrate bereits mehr als 71 Prozent. In manchen Ländern ist sogar der Aberglaube verbreitet, der Geschlechtsverkehr mit einer Jungfrau könne eine HIV-Infektion "heilen". HIV-positive und Aids-kranke Mädchen und Frauen sind häufig sich selbst überlassen, betonte UNICEF. Sie werden von ihren Angehörigen verstoßen oder verlassen. Oft werden ihnen ihre Kinder weggenommen. Armut, Einsamkeit und Verzweiflung bestimmen ihr Leben. Untersuchungen zeigen, dass sie seltener als ihre männlichen Schicksalsgenossen medizinische Hilfe erhalten. Viele HIV-positive Schwangere suchen noch nicht einmal medizinische Hilfe bei der Geburt ihres Kindes. Selbst, wenn sie sich nicht infizieren, tragen Mädchen und Frauen die Hauptlast der Epidemie. In der Regel sind sie es, die sich um Aids-kranke Familienmitglieder kümmern und diese pflegen. Deshalb, oder weil sie nach dem Tod ihrer Eltern ihre Geschwister versorgen müssen, brechen viele Mädchen die Schule ab. Aufklärungskampagnen von UNICEF sprechen besonders Mädchen an und versuchen, sie aktiv einzubeziehen. In mehr als 50 Ländern werden spezielle Programme durchgeführt. Im Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung unterstützt UNICEF die Schulung von Polizisten und Sozialarbeitern sowie Berufsbildungsprojekte für ehemalige Prostituierte. (APA)