Wien - Die Konfliktebene wurde gewechselt - von der Sozialpartnerebene ins Parlament. Die Verhandlungen über eine Neustrukturierung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zwischen Regierung und Sozialpartnern sind gescheitert. Daher will die Regierung ihren Plan für den Hauptverband jetzt im Parlament - ohne Zustimmung von ÖGB und Arbeiterkammer - durchbringen. Noch vor dem Sommer, wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP) Dienstag nach dem Ministerrat betonte.Wirtschaft verhandelt Dafür braucht die Regierung aber die Stimmen der 18 Wirtschaftsbundabgeordneten. Um sie dürfte jetzt das große Buhlen begonnen haben. Der Plan der Regierung sieht neben einem Rotationsprinzip im Präsidium (durch das die Dienstgeberseite auch zum Zug käme) eine Unvereinbarkeitsklausel vor, mit der Funktionen im Hauptverband und in einer Kammer ausgeschlossen wären. Das ist der "Trick", um Hans Sallmutter abzulösen: Er ist GPA-Chef - und eine Gewerkschaftsfunktion ist unvereinbar. Eine Übergangsklausel, die das jetzige Präsidium ausgeschlossen hätte, ist hingegen gefallen. Die Wirtschaftskammer stößt sich vor allem an der Unvereinbarkeitsregel, die Abgeordnete, Kammerfunktionäre und Krankenkassenobmänner ausgeschlossen hätte. Wirtschaftskammergeneralsekretär Reinhold Mitterlehner dazu im S TANDARD -Gespräch: Die Bestimmungen dürften "nicht so einschneidend sein, dass de facto nicht mehr aus einer Interessenvertretung besetzt werden kann, weil kein Funktionär dafür die entsprechende Unvereinbarkeit erfüllt". Tatsache sei, so Mitterlehner selbstbewusst, dass aufgrund der Mehrheitsverhältnisse "der Wirtschaftsbund der entscheidende Faktor" für die Realisierung des Regierungsplans sein werde. Hauptprofiteur des Regierungsplanes ist aber die Wirtschaftskammer, während ÖGB und Arbeitnehmer die großen Verlierer sind: Die Hauptverbandsorgane sollen künftig im Verhältnis 50 zu 50 zwischen Arbeitnehmern und Dienstgebern besetzt werden - bisher war das Verhältnis 2:1. Daher hat die Wirtschaftskammer auch bereits prinzipiell Zustimmung signalisiert - wenn sie auch über Details noch verhandeln will. Günstig für die FPÖ ist die neue Regelung, wonach auch Minderheitsfraktionen vertreten sein sollen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 27. 6. 2001)