Zürich - Christoph Marthaler stellte seine Pläne für die kommende Zürcher Schauspielhaus-Saison vor. Eigentlich wäre es ja die Aufgabe des Opernhauses, aber so wie die Dinge momentan in Zürich liegen, gehört das experimentelle Musiktheater zu den Steckenpferden des Schauspielhauses. Kein Wun- der bei einem Chef mit musikalischem Background wie Christoph Marthaler. Die kommende Saison startet denn auch im September mit einer Trilogie des Komponisten Ruedi Häusermann. Als Musical wird das "Mittelalterspektakel in Nike-Gummistiefeln" des Hamburger Punkmusikers Schorsch Kamerum angekündigt; Titel: Der digitale Wikinger. Einen mehrstimmigen Liederabend präsentieren Jürg Kienberger und Claudia Carigiet, und der Hausherr selber greift im Jänner mit seiner Version der Schönen Müllerin ins Geschehen ein. Aber allein mit Musik geht's doch nicht. Das Schauspielhaus gibt sich an seinen drei Spielstätten möglichst vielfältig. Von den über zwei Dutzend Produktionen handelt es sich bei immerhin der Hälfte um Ur- oder Erstaufführungen. Darunter finden sich etwa: das nachgelassene Stück 4.48 Psychose von Sarah Kane; Auf dem Land von Martin Crimp, Regie: Luc Bondy; oder auch eine neue Komödie von Thomas Hürlimann. Daneben erscheinen Klassiker wie Goethe ( Clavigo ; Regie: Christiane Pohle), Tschechow ( Drei Schwestern ; Stefan Pucher), Strindberg ( Wetterleuchten ; Werner Düggelin), Hauptmann ( Die Weber ; Einar Schleef) und natürlich Shakespeare: Heinrich IV. in einer fast reinen Frauenbesetzung unter Puchers Leitung und das vielsprachige Lear-Projekt L. King of Pain von Luk Perceval. Man hat in Zürich viel darüber diskutiert, ob und wie sich die Theaterszene mit Marthaler verändert hat. Es kamen zwar weniger Zuschauer als in der vorangegangenen Spielzeit, aber die 69,9 Prozent Gesamtauslastung lagen durchaus im Durchschnitt der letzten paar Jahre. Man sei im Rahmen des Budgets geblieben. Dennoch sind einige Projekte noch nicht abgesichert: Man sucht Sponsoren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. 6. 2001)