Wien - Von einem minutenlangen Pfeifkonzert ist der Beginn des öffentlichen Hearings zum umstrittenen südtschechischen Atomkraftwerk Temelin unterbrochen worden. Mehrere Dutzend Atomgegner verschiedener Organisationen unterbrachen nur Sekunden nach der Eröffnung der Anhörung mit Trillerpfeifen die Präsentation der tschechischen und österreichischen Experten. Etwa 250 im Kleinen Redoutensaal anwesende Zuhörer begannen lautstark Anti-Atom-Parolen zu skandieren. Pavel Kohout ergreift das Wort In der chaotischen Situation ergriff der tschechische Intellektuelle und Schriftsteller Pavel Kohout das Mikrophon, trat ans Podium und bat die protestierenden Teilnehmer, Ruhe zu bewahren. "Ich möchte davor warnen, dass es zu Hassgefühlen zwischen unseren beiden Gesellschaften, zur österreichischen und der tschechischen, kommt." Offensichtlich habe die österreichische Bevölkerung die Mehrheit der Tschechen für die Atomkraft unterschätzt. Die tschechische Bevölkerung hingegen habe ihrerseits die österreichische Ablehnung des Atomkraftwerkes Temelin ebenfalls grob unterschätzt. Daraufhin rief eine Atomgegnerin aus der Menge: "Wir haben nichts gegen die tschechische Bevölkerung, wir protestieren gegen das Hearing, denn dieses Hearing ist gegen uns und gegen die Menschheit." Auch weitere Beschwichtigungs- und Beruhigungsversuche österreichischer Experten und Politiker brachten keine Beruhigung. An dem Hearing nehmen auch mehrere Schulklassen teil. Nur Gespräche können Temelin-Konflikt lösen Mit großem Bedauern hat der tschechische Schriftsteller Pavel Kohout die Protestaktionen österreichischer Atomgegner zu Beginn des öffentlichen Hearings über das umstrittene Atomkraftwerk Temelin kommentiert. Während es in Tschechien eine Mehrheit für die Nutzung der Atomkraft gebe, lehnten die Österreicher die Atomenergie schlichtweg ab. "Hier haben sich zwei Standpunkte entwickelt, die extrem auseinander gehen", erklärte Kohout vor Journalisten. Eine Lösung des Konfliktes um Temelin sei nach seiner Überzeugung nur in Gesprächen möglich, keinesfalls aber in Protestaktionen, die das Hearing in der Wiener Hofburg vorerst unmöglich gemacht hatten. Sorgen "Ich mache mir Sorgen, dass wir uns wieder in eine Sackgasse bewegen, aus der wir erst kürzlich nach gut 40 Jahren herausgekommen sind", sagte Kohout. Der tschechische Schriftsteller, der als Privatperson an der Anhörung teilnahm, wertete die zahlreichen Grenzblockaden der österreichischen Atomgegner als "eine Art Vorhang", den man bereits aus der jüngeren Vergangenheit kenne. Die improvisierten Protestaktionen im Redoutensaal kritisierte Kohout, doch sei die "Protestkultur überall gleich". "Das gleiche hätte auch in Prag passieren können", meinte Kohout. Zuvor hatte sich der Schriftsteller während der lautstarken Unterbrechung der öffentlichen Anhörung um eine Beruhigung der Emotionen bemüht. "Ich möchte davor warnen, dass es zu Hassgefühlen zwischen unseren beiden Gesellschaften, der österreichischen und der tschechischen, kommt." (APA)