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Jena - Medizintechniker und Ärzte vom Universitätsklinikum in Jena haben eine Spezialelektrode entwickelt, mit der die Ursache für Herzrasen sicher diagnostiziert und behandelt werden kann. Über einen nur 3,3 Millimeter dünnen Schlauch wird die vier- bis achtpolige Elektrode durch die Speiseröhre hinter den linken Vorhof und die linke Herzkammer des Patienten geschoben. Das ist sogar ohne Narkose möglich. Dem Patienten wird lediglich ein leichtes Anästhetikum in den Rachen gesprüht, um den Brechreiz zu vermeiden. Über die Elektrode lösen die Ärzte dann zielgerichtet minimale elektrische Impulse aus, die nur eine Hundertstelsekunde andauern und nicht mehr als sieben Milli-Ampere stark sind. "Dieser Taktgeber dirigiert zeitweilig den Herzrhythmus", erläuterte Helmut Kühnert, Oberarzt in der Jenaer Universitätsklinik. "Zugleich misst das Instrument das Frequenzmuster der elektrischen Reizleitung im Herzen, so als wäre es – beinahe vor Ort – eine Art Lupen-EKG." Nur bei Patienten mit einem angeborenen Fehler im Reizleitersystem lässt sich mit diesem Verfahren zum einen ein Herzrasen auslösen, zum anderen aber auch dessen Ursache genau lokalisieren. "Diese liegt fast immer in einer zusätzlichen Leitung begründet, die den natürlichen Ausgangsimpuls für den Herzschlag auffängt und nochmals weitergibt", so Kühnert. Ist dieser "Kurzschluss" erst einmal entdeckt, kann er meist durch einen relativ simplen Eingriff minimalinvasiv behoben werden: Ein Herzkatheder, der über die Leistenschlagader eingeführt wird, unterbricht einfach die störende Leitungsbahn. "Herzrasen ist nicht nur sehr unangenehm, sondern für manche Patienten auch lebensbedrohlich", betonte Kühnert. "Schwindelgefühle, Ohnmacht, manchmal sogar ein gefährliches Kammerflimmern können die Folge sein." Dennoch ist die Erkrankung häufig nur schwer feststellbar. "Erhöhte Pulsschläge bis zum Doppelten und Dreifachen des Normalwerts treten zumeist spontan und unkontrolliert auf – und das nicht unbedingt dann, wenn der Kardiologe gerade zufällig ein EKG angelegt hat." Die Spezialelektrode wurde am Dienstag auf dem Kongress für Herzrhythmusstörungen und Herzschrittmachertherapie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in Kopenhagen erstmals der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Das Jenaer Forscher-Team hatte rund zehn Jahre an der Entwicklung dieser inzwischen patentierten Lösung gearbeitet. Seit dem vergangenen Jahr ist das Instrument CE-geprüft. Die Serienfertigung übernimmt die baden-württembergische Dr. Osypka-GmbH. In Deutschland kommt die Elektrode zunächst in kardiologischen Fachkliniken zum Einsatz. Sobald die Krankenkassen die Behandlung anerkennen, sollen auch niedergelassene Fachärzte das Instrument für die ambulante Diagnostik verwenden. (pte)