Kosovo
Türkischer Außenminister verweist bei Parteiverbot auf Neonazis
Ismail Cem rechtfertigt gegenüber Brüssel das Verbot der islamischen Tugend-Partei
Luxemburg - Der türkische Außenminister Ismail Cem hat gegenüber der EU das Verbot der islamistischen Tugend-Partei
(Fazilet Partisi, FP) gerechtfertigt. In Westeuropa würden Neonazis als Bedrohung für die öffentliche Ordnung und die Demokratie
angesehen, sagte Cem am Dienstag in Luxemburg am Rande einer turnusmäßigen Beratung mit den EU-Außenministern. "In meinem Land
haben wir kein Neonazi-Problem, wir haben dagegen ein Problem des Ausbeutens religiöser Gefühle mit Blick darauf, das (politische)
Regime zu ändern. Wir betrachten das als Bedrohung."
Die EU kritisierte hingegen den Schritt des türkischen Verfassungsgerichts, die wichtigste Oppositionskraft der Türkei wegen "anti-säkularer
Aktivitäten" zu verbieten. EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen sagte, die Türkei sollte sich ihre Verfassung ansehen und sich
fragen, ob diese an diesem bestimmten Punkt nicht zu restriktiv sei und ausreichenden politischen Raum gebe.
Cem sagte zu der Aufforderung Verheugens, er hoffe auf eine ausreichende Mehrheit für eine Verfassungsänderung. Das Parlament wird nach
früheren Angaben voraussichtlich nach der Sommerpause mehrere Verfassungsänderungen verabschieden, darunter auch einen Artikel, der
das Verbot von Parteien erschweren wird.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) war bei seinem Türkei-Besuch vergangenen Woche in Ankara auch mit FP-Chef Recai Kutan
zusammengetroffen. Kutan machte bei dem Treffen, das noch vor dem Verbot der Tugendpartei stattfand, klar, dass seine Partei zu einem
EU-Beitritt stehe. Schüssel sprach sich gegen das Parteiverbot aus, was in der türkischen Presse mehrfach als Warnung seitens der EU
aufgefasst wurde. (APA/dpa)