Brüssel - "Es ist nicht die Haltung der EU", einem Mitgliedsstaat oder einem Kandidatenland die Wahl der Energiequellen vorzuschreiben oder einen Verzicht auf Atomenergie zu verlangen, erklärte der Sprecher von EU-Erweiterungskommisar Günter Verheugen, Jean-Christophe Filori, am Dienstag zur Kritik aus Österreich am tschechischen AKW Temelin. "Dann müssten wir ja auch Großbritannien oder Frankreich auffordern, aus der Atomenergie auszusteigen", so der Sprecher. Die EU könne lediglich hohe Sicherheitsstandards für AKWs verlangen. Man dürfe die FPÖ-Forderung nach einer Volksabstimmung gegen den Beitritt Tschechiens für den Fall, dass Temelin ans Netz gehe, "nicht so ernst nehmen", formulierte der Sprecher. Für den Boykott des öffentlichen Temelin-Hearings in Wien durch SPÖ, Grüne und FPÖ sowie die Forderung der oberösterreichischen FPÖ, wegen des umstrittenen AKWs ein Veto gegen den Beitritt Tschechiens einzulegen, zeigte Filori kein Verständnis. Der Melker Prozess, in dem Österreich und Tschechien unter Vermittlung der EU-Kommission eine Sicherheits- und Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vereinbart hatten, müsse zu Ende geführt werden, Tschechien habe die UVP freiwillig und auf der Grundlage entsprechender EU-Bestimmungen eingeleitet. Die UVP sei damit EU-konform, obwohl das Land noch nicht EU-Mitglied sei, betonte der Sprecher Verheugens. Die Energieverhandlungen der EU mit Tschechien sind grundsätzlich abgeschlossen. Österreich hält aber wegen Temelin eine Vorbehalt aufrecht. Die EU-Ratsgruppe "atomare Fragen" hat vor einigen Wochen einen Bericht zu den AKWS in Osteuropa vorgelegt, in dem einige technische Mängel bei Temelin identifiziert wurden. Die Mängel seien aber "nicht so gravierend", so der Sprecher Verheugens. Es liege jetzt am EU-Ministerrat zu entscheiden, ob er von Prag technische Verbesserungen für ein höheres Sicherheitsniveau des AKWs verlangen wolle. (APA)