Bei einem offiziellen Empfang im Pariser Rathaus hielten Vertreter der Rechtsopposition ein Spruchband "Assad Antisemit" auf; mit Zwischenrufen erinnerten sie an die Ermordung eines französisches Botschafters in den Achtzigerjahren in Beirut. Drei Politiker wurden durch Polizisten des Saales verwiesen, während der syrische Staatspräsident Baschir al-Assad unbewegt zuschaute.

In einer ebenso hitzigen Atmosphäre demonstrierte die libanesische Diaspora gestern in Paris gegen das "syrische Diktat" in ihrer Heimat. Zuvor hatten schon kurdische Organisationen gegen den feierlichen Empfang Assads demonstriert. Die meisten, nämlich über zehntausend, Teilnehmer vereinigten am Montag Protestmärsche der französisch-jüdischen Dachorganisation Crif in Paris und Marseille. Redner bezeichneten es als "politischen und moralischen" Fehler, den roten Teppich für einen Präsidenten auszurollen, der - beim jüngsten Papstbesuch - den Israelis Rassismus vorwarf, der schlimmer als der der Nazis sei.

Assad "entschärfte" seine Äußerungen am Mittwoch mit dem Hinweis, sie seien - natürlich durch Israel - verdreht und aus dem Zusammenhang gerissen worden.

Wenig berührt

Auch zahlreiche französische Politiker wie der Grüne Noël Mamère oder der Liberale Alain Madelin bezeichneten den Empfang als unwürdig für Frankreich. Staatschef Jacques Chirac zeigt sich von all dem wenig berührt. Bei einem Galadiner bedeutete er seinem Staatsgast einzig, dass Frieden in Nahost "nicht ohne gegenseitigen Respekt zwischen allen Gemeinschaften und Religionen" möglich sei.

Ansonsten verschanzt sich der Elysée-Palast - wie auch Premier Lionel Jospin, der Assad am Dienstag traf - hinter dem offiziellem französischen Diskurs. Dieser macht Anzeichen einer "Lockerung" des Truppendispositivs im Libanon aus und ermahnt Assad zur "Weiterführung" interner Reformen, die dieser bei seinem Amstantritt vor Jahresfrist angekündigt hatte.

Der gaullistische Präsident hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er die alte franko-syrische Freundschaft um jeden Preis wahren will. Zum Preis etwa, dass er als einziger bedeutender Staatschef des Westens an der Beerdingung von Assad senior teilgenommen hatte. Parallel dazu feierte die "syrische Gemeinschaft in Frankreich" gestern in ganzseitigen Zeitungsinseraten die Freundschaft der beiden Länder, "weil Frankreich die Werte der Toleranz mit Syrien teilt". (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 27.6.2001)